epd-bild/Debbie Hill
Pater Aktham Hijazin (li.), der katholische Priester der christlich-palaestinensischen Kleinstadt Beit Jala, und der lutherische Pastor Saliba Rishmawi (2.v.li.) von Beit Jala, feiern zusammen mit Christen aus Deutschland einen Gottesdienst. Der Ort ist im Cremisan-Tal, direkt an der von israelischem Militär bewachten provisorischen Grenze zu Israel.
«Der letzte Nagel im Sarg Bethlehems»
Palästinensische Christen protestieren gegen Weiterbau der israelischen Sperranlage im Cremisan-Tal
Die Proteste werden lauter: Die israelische Landnahme beim Bau der Sperrmauer im Cremisan-Tal rügen neben den betroffenen Palästinensern auch Kirchenvertreter und EU-Vertretungen.
04.09.2015
epd
Susanne Knaul (epd)

Beit Jala (epd)Pastor Saliba Rishmawi muss sich anstrengen, um gegen den Lärm der Schaufelbagger anzupredigen. «Wir sind hier, um für unsere Rechte zu beten und hoffen, dass Gott uns helfen wird.» Seit Beginn der Bauarbeiten für die israelischen Trennanlagen, die mitten durch das Cremisan-Tal in Beit Jala bei Bethlehem führen sollen, findet jeden Morgen eine Messe statt. Pater Aktham Hijazin, der katholische Priester aus der christlich-palästinensischen Kleinstadt, organisiert den friedlichen Protest direkt an der vom israelischen Militär bewachten provisorischen Grenze.

Rodung uralter Olivenbäume

Der Pater begrüßt gemeinsam mit dem lutherischen Pastor Rishmawi Touristen aus Süddeutschland, die mit einer «Solidaritäts- und Begegnungsreise» von der katholischen Friedensorganisation Pax Christi das Heilige Land besuchen. Vor den beiden Geistlichen stehen Pflänzchen angehender Olivenbäume. Denn der Bau der acht Meter hohen Mauer beginnt mit der Rodung uralter Olivenbäume.

Jahrelang kämpfte die Stadtverwaltung Hand in Hand mit 58 palästinensischen Familien und den beiden Salesianer-Klöstern im Cremisan-Tal gegen den Staat Israel, bis im Juli der Oberste Gerichtshof doch den Weiterbau genehmigte. Neue Enteignungen von privaten und kirchlichen Ländereien sind seither absehbar, was wiederum «das Potenzial für einen existenzfähigen palästinensischen Staat untergräbt und den Weg für die weitere Ausdehnung der Siedlungen in Palästina ebnet», wie Fuad Twal, der römisch-katholische Patriarch in Jerusalem, den Entscheid kommentierte.

Israel rechtfertigt die insgesamt fast 700 Kilometer lange Sperranlage mit dem Argument der Selbstverteidigung. Tatsächlich folgte der Beschluss 2001 auf eine blutige Terrorkampagne, in der mehrere hundert Israelis bei Bombenanschlägen getötet worden. «Der Sicherheitszaun wird mit dem einzigen Ziel errichtet, das Leben israelischer Bürger zu retten», begründete die Regierung den Bau. Die Trennanlagen bestehen überwiegend aus Zäunen und elektronischen Warnvorrichtungen, nur in bewohnten Regionen wird ein Betonwall errichtet.

Kritik an Mauer und ihrem Verlauf

Doch die Palästinenser wollen nicht glauben, dass die Mauer im Cremisan-Tal aus Sicherheitsgründen gebaut wird. Die Mauer werde palästinensischen Bauern den Zugang zu ihren Ländereien versperren und deren Existenz gefährden, kritisierte die EU. Bischof Stephan Ackermann, Vorsitzender der Deutschen Kommission Justitia et Pax, forderte kürzlich bei einem Bischofstreffen im Heiligen Land einen Baustopp.

«Ein wahrer Frieden braucht keine Mauern», predigt Pater Aktham Hijazin und betet für die israelische Regierung und die Soldaten, dass «Gott ihre Herzen öffnen möge». Die Kritik der Palästinenser richtet sich nicht nur gegen die Mauer an sich, sondern gegen den von Israel festgelegten Verlauf. Die Trennanlagen führen nicht entlang der Waffenstillstandslinie von 1967, sondern reichen wie in Beit Jala oft tief in palästinensisches Land hinein.

Cecile Abu Saad geht fast jeden Morgen zum Protestgottesdienst. Die Mauer entsteht direkt vor ihrer Haustür. «Es wird immer unerträglicher», stöhnt die 63-jährige Katholikin über Schikanen wie «Absperrungen», «Militärpatrouillen» und «unbegründete Ausweiskontrollen». Ihre fünf Kinder erwägen, ins Ausland zu gehen.

Die Schüler der Salesianer-Nonnen werden sich, wenn die Mauer erst einmal steht, an neue Lehrerinnen gewöhnen müssen. Denn das Kloster der Nonnen bleibt auf israelischer Seite und ist dann nicht mehr von Beit Jala zu erreichen. Die Mauer im Cremisan-Tal sei «der letzte Nagel im Sarg Bethlehems», kritisiert die Menschenrechtsorganisation «Saint Yves Society». Die Teilnehmer der Pax-Christi-Gruppe stimmen nach dem Segen das amerikanische Protestlied «We shall overcome» an.