Als Anas Loutfi im Jahr 2002 seine Heimatstadt Damaskus verlassen musste, lag der Bürgerkrieg noch in weiter Ferne. Doch schon damals lebten Regimekritiker gefährlich. Loutfi war einer von ihnen und suchte Zuflucht in Deutschland. Heute wohnt er als anerkannter Asylberechtigter in Berlin. Und gibt denen, die ebenfalls der Gewaltherrschaft und dem Krieg in ihrer Heimat entkommen konnten, Orientierung und Halt.
Seit diesem Sommer sind in der Bundeshauptstadt erstmals 27 Flüchtlingslotsen im Einsatz. Loutfi ist einer von ihnen. Alle hauptamtlichen Flüchtlingslotsen sind nicht-deutscher Herkunft und erhalten zunächst eine Weiterbildung durch die Bezirksämter. Den Bezirk Mitte teilt sich Loutfi mit seiner serbischen Kollegin Brigita Ikovic. Zu zweit ist die Arbeit jedoch nicht zu bewältigen: 1.726 der derzeit berlinweit 16.984 registrierten Asylbewerber sind nach Angaben des Landesamts für Gesundheit und Soziales gegenwärtig in Mitte untergebracht. Nur maximal acht von ihnen können Loutfi und Ikovic zusammen an einem Tag begleiten - zu Behörden, um Asylanträge auszufüllen, ins Krankenhaus, um zu übersetzen. Die Lotsen vermitteln Plätze in Deutschkursen oder bemühen sich, für traumatisierte Geflüchtete möglichst schnell einen der wenigen freien Termine in einer psychologischen Beratungsstelle zu ergattern.
Bei einer Begegnung mit der Berliner Integrationssenatorin Dilek Kolat und dem Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte Christian Hanke (beide SPD) in der vergangenen Woche zögerte Loutfi nicht lange, die Politiker mit dem Pensum der Flüchtlingslotsen zu konfrontieren. "Hauptamtliche müssen aufgestockt werden, besonders im Sprachdienst", forderte Loutfi kurz nachdem er Kolat zum ersten Mal die Hand geschüttelt hatte. Die Senatorin versprach daraufhin, die Zahl der Flüchtlingslotsen zu erhöhen. 2016 sollen es dann 36 für ganz Berlin sein.
"Die Asylverfahren für Syrer und Iraker werden zwar schnell abgehandelt, aber sobald sie mit den Bezirksämtern in Kontakt treten, mangelt es an Übersetzern und ohne die haben sie keine Chance." Loutfi weiß, wovon er spricht. Er war bereits als Kind für ein paar Jahre in Deutschland und kennt die Hürden des Beamtendeutschs.
Hochgebildete lernen Sprache schnell
Flüchtlinge aus dem Nahen Osten kommen aus allen Gesellschaftsschichten, sagt er. Die Hochgebildeten lernten die Sprache schnell. Sie hätten ohnehin die Hoffnung aufgegeben, dass ihre Herkunftsländer in absehbarer Zeit stabil werden, und würden sich auf ein Leben in Deutschland einstellen.
Weniger qualifizierten und vor allem älteren Menschen falle es hingegen schwer, hier Fuß zu fassen. "Sie wissen, dass sie die Sprache nicht mehr erlernen werden. Es bleibt ihnen nur noch, ihre ganze Hoffnung auf ihre Kinder zu setzen."