Was ist das Energiedienstleistungsgesetz und worauf zielt es ab?
Das Energiedienstleistungsgesetz ist damit ein Baustein im Bemühen der Regierung, die Energiewende voranzutreiben. Man hofft, durch die Standardisierung eines Audits Energie einzusparen und zum Klimaschutz beizutragen. Im Grunde ist das eine sinnvolle Sache, aber natürlich sind Gesetze dieser Art erst einmal etwas sperrig und werden als weitere Gängelung und Einengung empfunden. Daher ist es wichtig, von vornherein klarzumachen, dass ein professionelles Energieaudit die Transparenz im Blick auf den Energieverbrauch erhöht und als Hilfestellung zum Energiesparen genutzt werden kann.
"Bußgelder sind in Höhe von bis zu 50.000 Euro möglich."
Ab wann tritt es in Kraft?
Dr. Oliver Foltin: Die Gesetzesänderungen sind in Deutschland am 22. April 2015 in Kraft getreten. Betroffene Unternehmen müssen bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit durchführen und dieses alle vier Jahre wiederholen. Bei Nichteinhaltung des Gesetzes sind Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro möglich.
Sind kirchliche Institutionen davon überhaupt betroffen? Gilt für Kirchengemeinden anderes als für Einrichtungen und Betriebe?
Wie stellt eine Gemeinde oder eine Einrichtung fest, ob sie ein Audit machen muss?
Foltin: Alle Unternehmen, die kein kleines und mittleres Unternehmen (KMU) sind, betrifft die Auditpflicht. Die KMU-Definition orientiert sich an der Unternehmensgröße (weniger als 250 Mitarbeiter), dem Jahresumsatz (weniger als 50 Mio. Euro) und der Jahresbilanz (weniger als 43 Mio. Euro). Allerdings wird ein Unternehmen, wenn 25 Prozent oder mehr seines Kapitals oder seiner Stimmrechte direkt oder indirekt von einer oder mehreren öffentlichen Stellen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts einzeln oder gemeinsam kontrolliert werden, nicht als KMU angesehen. Konkret bedeutet dies, dass die finanzielle Beteiligung und Kontrollbefugnis einer Landeskirche oder Kirchengemeinde dazu führen kann, dass eine Einrichtung nicht als KMU gilt und somit von der Auditpflicht betroffen ist.
Von wem kann sie sich dann beraten lassen?
Foltin: Zusammen mit der Energieagentur Nordrhein-Westfalen (NRW) hat die Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) kürzlich eine Lesehilfe zum Energiedienstleistungsgesetz veröffentlicht. Dort werden Informationen des EDL-G für die Zielgruppe der kirchlichen Institutionen erklärt. Am 20. Oktober 2015 werden wir zudem zusammen mit der Energieagentur NRW, Diakonie und Caritas einen bundesweiten Workshop in Wuppertal zu den Herausforderungen und Chancen des EDL-G in Einrichtungen der kirchlichen Wohlfahrt veranstalten. Das Programm wird in den kommenden Wochen veröffentlicht.
Wer führt das Audit durch?
Foltin: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontolle (BAFA) hat im Internet eine Liste registrierter Energieauditoren veröffentlicht, die ein entsprechendes Audit durchführen können. Dies können neben externen auch unternehmensinterne Auditoren sein, bei entsprechender Qualifikation.
Wie läuft ein Audit ab?
Foltin: Ein Energieaudit ist im Grunde eine ausführliche Energieberatung für die Einrichtung. Der Umfang wird in der DIN-Norm EN 16247-1 beschrieben. Ein Audit besteht aus mehreren Schritten und beinhaltet vor allem die Erfassung der Energieverbräuche, eine Begehung der Einrichtung, bei der Arbeitsabläufe und Nutzerverhalten im Bezug auf deren Energieverbrauch und -effizienz analysiert werden, sowie ein Auditbericht mit den Ergebnissen.
Was kostet das die Einrichtung?
Foltin: Das hängt vor allem davon ab, wie gut sich die jeweilige Einrichtung auf das Energieaudit bereits im Vorfeld vorbereitet hat. Je besser die Datenlage ist, umso geringer fällt der Arbeitsaufwand des Auditors aus. Die genauen Kosten hängen natürlich auch immer von der Größe der Einrichtung ab, so dass es schwierig ist, an dieser Stelle konkrete Zahlen zu nennen. Leider gibt es bisher keine finanziellen Beihilfen für die Durchführung eines Energieaudits.
Wie können Ehrenamtliche effektiv eingebunden werden?
Foltin: Da das Energiedienstleistungsgesetz bei wirtschaftlich tätigen Einrichtungen Relevanz hat, ist der Einsatz von Ehrenamtlichen für die Durchführung von Energieaudits wohl kaum möglich. Die Einführung von Umweltmanagementsystemen ist in zahlreichen kirchlichen Einrichtungen inzwischen bewährte Praxis. Die landeskirchlichen Umweltbeauftragten und auch wir als kirchliches Forschungsinstitut können interessierten Einrichtungen und Ehrenamtlichen hierbei Hilfestellung leisten.
Was ist, wenn bereits ein Energiekonzept oder ein Umweltmanagementsystem eingeführt wurde - beispielsweise Grüner Gockel/Grüner Hahn, EMAS oder Ähnliches?
Foltin: Von der Auditpflicht befreit sind Einrichtungen, die ein Energiemanagementsystem nach der DIN-Norm EN ISO 50001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS eingerichtet oder mit der Einführung bereits begonnen haben. Wenn mit der Einführung eines solchen Managementsystems bis zum Stichtag 5. Dezember 2015 begonnen wird, muss die Einrichtung die Zertifizierung bis spätestens Ende 2016 vorweisen. Grundsätzlich ist – im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung – die Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems einem Energieaudit vorzuziehen.
Diefenbacher: Wir empfehlen kirchlichen Einrichtungen eigentlich prinzipiell, ein Umweltmanagementsystem einzuführen, bei dem dann das Energiemanagement ein zentraler Baustein ist. Aber eben nur ein Baustein neben vielen anderen Aspekten, bei denen Umweltwirkungen der Aktivitäten der Einrichtung zu Tage treten. Gerade in den Fällen, in denen Einrichtungen sich nun sowieso einem Energieaudit widmen müssen, könnte das Anlass sein, sich eben gleich dem umfassenderen Konzept des Umweltmanagements zuzuwenden.
Gibt es weitere mögliche Vereinfachungen?
Foltin: Bei vielen gleichartigen Einrichtungen (etwa mehrere Standorte eines Krankenhauses) besteht die Möglichkeit, nur einen geringen Anteil der Einrichtungen exemplarisch untersuchen zu lassen und die Ergebnisse den nicht untersuchten Einrichtungen an die Hand zu geben. Zu beachten ist, dass die bereits untersuchten Einrichtungen bei der nächsten Auditrunde nach vier Jahren nicht erneut untersucht werden sollten, sondern dann andere – noch nicht untersuchte – den Vorzug erhalten sollten.