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TV-Tipp: "Zahltag - Nicht mit uns" (Sixx)
TV-Tipp: "Zahltag - Nicht mit uns" (Sixx) am 11. Juli um 22:10 Uhr
"Zahltag - Nicht mit uns": Besonders erfreut wird Regisseur Martin Schreier über diesen harmlos klingenden Alternativtitel nicht sein; die Festivalversion des Films hieß noch "Robin Hood".

Viel ärgerlicher aus Sicht der Filmemacher ist allerdings vermutlich der Sendeplatz: "Zahltag" ist einer der drei Abschlussfilme, die in Kooperation zwischen der Filmakademie Ludwigsburg und ProSieben zustande gekommen sind. Womöglich hat ja auch die Aussicht auf ein Millionenpublikum die Absolventen zu Höchstleistungen angestachelt. Normalerweise sind die Zuschauerzahlen bei Diplomfilmen höchst überschaubar; das gilt auch für TV-Ausstrahlungen etwa im Rahmen des Kleinen Fernsehspiels vom ZDF nach Mitternacht. Leider hat es die Sendergruppe ProSiebenSat.1 vorgezogen, die drei sehenswerten Arbeiten beim Kleinstgewächs Sixx zu zeigen; zwar nicht erst nach Mitternacht, aber das macht es nicht viel besser.

Imponierendes Schauspieler-Aufgebot: Ken Duken, Thomas Thieme, Vinzenz Kiefer

Bereits um "Bissige Hunde", den Auftakt der etwas großspurig "Young Lions" genannten Filmreihe in der letzten Woche, war es schade; für "Zahltag" gilt das nicht minder, schon allein wegen des imponierenden Aufgebots an namhaften Schauspielern. Die Geschichte spielt in naher Zukunft. Die EU ist zusammengebrochen, die Börsenkurse sind kollabiert, die Energiekosten explodiert; viele Tausende verlieren ihr Dach über dem Kopf und landen buchstäblich auf der Straße, weil die Deutsche Nationalbank (DNB) ihre Wohnungen zwangsräumen lässt. Der Frankfurter Wirtschaftsermittler Alexander Scholl (Ken Duken) weiß, dass Rainer van Kampen (Thomas Thieme), der Vorstandsvorsitzende der DNB, Dreck am Stecken hat, aber als er glaubt, ihn endlich überführen zu können, springt sein Kronzeuge ab; Scholl und Kollegin Sophie Kaiser (Dagne Dewath) werden zur Bereitschaftspolizei strafversetzt. Zeitgleich sorgt eine Serie von präzise durchgeführten Banküberfällen für Schlagzeilen, und Scholl hat eine Idee, wie er doch noch an Beweise für die Machenschaften der DNB kommen kann.

Martin Schreiber hat der Umsetzung des von ihm selbst gemeinsam mit Florian Schumacher geschriebenen Drehbuchs einen betont kühlen Look gegeben. Das Duo erzählt eine romantische Gangsterballade, deren melancholischer Held sich zwar illegaler Methoden bedient, ansonsten aber eine uneingeschränkt positive Figur ist. Seit Scholl es nach einem Überfall Geldscheine regnen ließ, um die Menschen auf die Straße zu locken und so die Verfolgung durch die Polizei zu verhindern, werden die Räuber von der Bevölkerung regelrecht verehrt; daher auch der ursprüngliche Titel. Aber selbstverständlich schlägt das Imperium zurück.

Dopppeltes Finale

Weil sich "Zahltag" sichtbar an Leinwandvorbildern orientiert, wirken die Bilder stilisiert, aber gerade darin liegt der Reiz des Films, zumal das Licht (Bildgestaltung: Markus Nestroy) ausgesprochen kunstvoll ist. In diesem Sinne buchstäblich großes Kino ist auch die Musik von Philipp Noll und Axel Huber, die schon bei "Bissige Hunde" dafür gesorgt haben, dass die Bilder noch ein bisschen größer wirkten. Natürlich können solche Überhöhungen leicht einen gegenteiligen Effekt zur Folge haben, etwa, wenn die Figuren ein paar Nummern zu groß für ihre Darsteller sind. Umso eindrucksvoller ist die Riege der Schauspieler, die sich zur Mitwirkung bereit erklärt haben. Ken Duken ist die perfekte Besetzung für den im Grunde sanften Protagonisten, der zum tragischen Helden wird, weil sich seine Schwester angesichts der durch die DNB forcierte Aussichtslosigkeit ihrer Lage in den Tod gestürzt hat; und seine Liebe zur Kollegin Kaiser kann er auch nicht ausleben, denn sie wird nun zu seiner Jägerin. Thomas Thieme wiederum ist als Schurke generell grandios, zumal in solchen Rollen seine ganze Präsenz zum Tragen kommt: Warum sollte van Kampen brüllen, wenn sein Flüstern viel bedrohlicher ist? Die beiden Köpfe der Bande werden von Matthias Koeberlin und Vinzenz Kiefer als guter und böser Gangster verkörpert.

Dramaturgisch raffiniert ist auch das doppelte Finale eingefädelt, bei dem erst Worte und dann Taten sprechen; das große Geballer am Schluss wirkt wie ein erfüllter Kindheitstraum. Dass der mittlerweile waidwunde Held schließlich auch noch einen Nahkampf führen muss, ist des Guten zwar ein bisschen zuviel, ändert aber nichts daran, dass dieser Film Freunden des Genres großen Spaß macht.