Ein verpackter und ein unverpackter Schoko-Weihnachtsmann.
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Wenn der Nikolaus ins Schwitzen kommt
In der Sommerhitze läuft die Produktion von Schokoweihnachtsmännern auf Hochtouren
Während Deutschland die Sommerhitze genießt, steht Sankt Nikolaus schon in den Startlöchern. In seiner süßesten Form verlassen er und Kollege Weihnachtsmann derzeit hunderttausendfach jeden Tag das Fließband der Schokoladenfabrik.
30.06.2015
epd
Marcus Mockler

Der Sommer hatte noch gar nicht richtig angefangen, da machten sich Millionen Weihnachtsmänner schon auf den Weg. Von Dettingen unter Teck in Baden-Württemberg auf den langen Weg in die USA, nach Kanada und sogar Australien. 40 Prozent der jährlich 50 Millionen produzierten Weihnachtsmänner und noch einmal so viele Osterhasen schickt die Firma Rübezahl ins Ausland. Damit sie dort per Schiff zur Saison ankommen, müssen sie rechtzeitig auf den Weg gebracht werden.

Bei Temperaturen von über 30 Grad draußen wird es den "Schokoladenhohlkörperfiguren", so der Fachbegriff, dennoch nicht zu warm. Bei 16 bis 18 Grad Lagertemperatur warten die braunen Leckereien darauf, in klimatisierten Lastwagen zu klimatisierten Zwischenlagern und dann auf klimatisierte Schiffe gebracht zu werden. Zu viel Wärme lässt sie nicht nur schmelzen - beim Rückkühlen entstehen hässliche weiße Flecken auf der Schokolade, erläutert Rübezahl-Kommunikationschef Dieter Schäfer. Das habe zwar keine Auswirkungen auf den Geschmack, aber der Kunde sieht es nicht gern.

Für die Firma - größter Produzent von Schoko-Hohlfiguren in Baden-Württemberg und einer der größten in Deutschland - ist der antizyklische Herstellungsprozess seit Jahrzehnten Routine. Ab Juni beginnt die Massenfertigung von Weihnachtsmännern, ab Dezember die der Osterhasen. Die industrielle Produktion hatte Seniorchef Peter Cersovsky als erster in Deutschland eingeführt.

Im Untergeschoss der Fabrik rühren Maschinen aus Kakaomasse, Kakaobutter, Milchpulver, Zucker und je nach Rezept unterschiedlichen Ingredienzien die Schokolade. Durch Schläuche gelangt sie ins Erdgeschoss in die Anlage mit den Formen. Diese werden gefüllt und dann mit einer zweiten, leeren Form geschlossen. Danach laufen die Formen mehr als 20 Minuten durch eine Maschine, in der sie permanent bewegt und gedreht werden. Das Ergebnis: Außen verfestigt sich die Schokolade, innen bleibt die Figur hohl. Und das nahtlos, ohne Löcher oder Bruchstellen.

Warum aber ist der innen leere Nikolaus so beliebt? Warum gießt man ihn nicht einfach massiv? Dieter Schäfer hat eine einfache Erklärung: "So schmeckt er viel besser, die Aromen können sich ganz anders entfalten." In massiver Form würde es sich anfühlen, als beiße man in ein Stück Blockschokolade.

Gefloppt: weibliche Bischofsfigur Nikola

Und dann hält sich da noch beharrlich das Gerücht, die Produzenten würden nicht verkaufte Saisonware wieder einschmelzen und zu neuen Schokofiguren gießen. Dieter Schäfer lächelt und winkt ab. "Das wäre viel zu teuer und brächte zudem Qualitätsprobleme mit sich." Das Abholen, Auswickeln aus der Folie und Einschmelzen wäre viel aufwendiger als die Produktion neuer Hasen und Männer. Übrig gebliebene Figuren würden deshalb in den Supermärkten zu drastisch herabgesetzten Preisen angeboten.

Schoko-Weihnachtsmänner und -Osterhasen sind ein Traditionsgeschäft. An den Figuren hat sich in den vergangenen Jahrzehnten substanziell nicht viel verändert. Spektakuläre Neuerungen würden einem Unternehmen auch nicht viel bringen, meint Dieter Schäfer. Da insgesamt nicht mehr Schokolade gegessen wird, wechselten die Kunden eben nur von einer zur anderen Figur, kauften aber am Ende nicht mehr. Kannibalisierungseffekt nennen das die Experten.

Experimentiert wird bei den Formen deshalb nur auf niedrigem Niveau. Als kleiner Knüller im Export hat sich ein Osterhase mit Sonnenbrille erwiesen. Der kommt insbesondere in Australien hervorragend an, erläutert Schäfer. Ein Flop war hingegen eine weibliche Bischofsfigur, die Nikola - sie konnte sich auf dem Markt nicht durchsetzen.