Die Geschichten, die sich Thomas Kirchner ausgedacht hat, könnten auch anderswo spielen, doch der Handlungsort verleiht ihnen einen geradezu mystischen Reiz: Wenn still die Nebel über den Wasserstraßen wabern, glaubt man gern, dass Legenden wie jene vom Schlangenkönig ein Körnchen Wahrheit enthalten. Kirchner („Das Wunder von Berlin“) wird als Autor zudem immer wichtiger; für die Adaption des Tellheim-Romans „Der Turm“ hat er einen Grimme-Preis bekommen.
Auch in „Eine tödliche Legende“ reichen gleich mehrere Handlungsstränge in die DDR zurück. Kurz hintereinander sterben zwei Männer um die sechzig. Die Todesursachen scheinen offensichtlich: Der eine war ein Tourist, der im Hotel einem Herzinfarkt erlag, der andere ein Bauunternehmer, der nach einer feuchtfröhlichen Feier in einen Kanal gefallen und ertrunken ist. Kommissar Krüger (Christian Redl) hat jedoch in vielen Dienstjahren gelernt, dem Zufall zu misstrauen. Auch Greta Althof (Muriel Baumeister), die Tochter des Touristen, will nicht wahrhaben, dass ihr Vater eines natürlichen Todes gestorben ist. Tatsächlich war Thorben Althof (Rüdiger Vogler) im Spreewald auf der Suche nach Antworten: Nach dem Tod seiner Eltern hatte er entdeckt, dass er ein Adoptivkind war.
Ausgeklügeltes Drehbuch
Seine ersten Lebensjahre hat er in einem Kinderheim verbracht, das nun ein Hotel ist; jenes Hotel, in dem sich sein Lebenskreis geschlossen hat. Krüger findet raus, dass die beiden Toten den gleichen Vater (Rolf Hoppe) hatten, vor langer Zeit ein hohes Tier in der SED; und er stößt auf die Legende des Schlangenkönigs, dem einst die Krone geraubt worden ist und der seither auf seine Rückkehr wartet. Außerdem gibt es ein juristisches Gerangel um die Rückgabe eines angeblich vom Staat gekauften Grundstücks, auf das der Sohn (Hans-Jochen Wagner) des vor Jahrzehnten ausgereisten früheren Besitzers Ansprüche erhebt; es gehört heute jenem Unternehmer, der angeblich ertrunken ist, in Wirklichkeit aber an einem Schlangengift starb.
So eindrucksvoll die Landschaftsaufnahmen auch sind, in einer Hinsicht werden sie noch übertroffen: Regisseur Torsten C. Fischer und Kameramann Theo Birkens gelingt es auf bemerkenswerte Weise, Gegenwart und Vergangenheit überaus kunstvoll und kaum merklich miteinander zu verknüpfen. Entsprechend verwirrend ist es zunächst, die Tochter und ihren verstorbenen Vater gemeinsam zwischen denselben Säulen seiner Erinnerung wandeln zu sehen. Ähnlich ausgeklügelt ist das Drehbuch, denn was in den meisten Krimis ein bloßes Ablenkungsmanöver gewesen wäre, entpuppt sich hier als Spur zum Drahtzieher der Morde. Außerdem bleibt es keineswegs bei den beiden Toten; und schließlich schwebt auch Greta Althof, zu der Krüger eine ganz besondere Beziehung entwickelt, in Lebensgefahr.