Frau Böttinger, Sie moderieren einen "interaktiven Überwachungsabend", wie es in der Programmankündigung heißt. Hört sich gruselig an!
Bettina Böttinger: Beim Thema Überwachung kann es einen auch in der Tat gruseln. Aber zur Erklärung: Wir veranstalten ein großes Experiment, bei dem Fernsehen und Theater miteinander verbunden sind. Im Schauspiel Köln wird es auf der großen Bühne eine Theaterpremiere geben und nebenan wird gleichzeitig eine Fernsehsendung live produziert, die ich moderieren werde. Ich pendle zwischen Studio und Bühne hin und her.
Um was geht es?
Böttinger: Wir wollen mal zeigen, was es heißt, überwacht zu werden – und das ist ja nicht nur angesichts der ganzen NSA-Skandale ein brandheißes Thema. Die Zuschauer im Theater geben freiwillig einfache Daten wie ihre Handynummer und ihre E-Mail-Adresse preis, und wir starten mit Computerspezialisten einen Überwachungsangriff. Dabei machen wir klar, was man mit diesen spärlichen Informationen schon alles anstellen kann.
Was denn zum Beispiel?
Böttinger: Man kann zum Beispiel herausfinden, was jemand in letzter Zeit über sein Smartphone so bestellt hat – und das sind schon ganz aussagekräftige Informationen. Was wir da alles offenlegen, darf ich aber nicht verraten.
Stimmt es, dass die beiden berühmten Whistleblower Julian Assange und Edward Snowden live zugeschaltet werden sollen?
Böttinger: Wir hoffen, dass alles klappt, auch technisch, und wir tatsächlich sowohl Assange als auch Snowden in die Sendung schalten können. Das wäre doch sensationell, oder? Das haben wir der Autorin des Theaterstücks, Angela Richter, zu verdanken, die sich seit Jahren mit der Thematik beschäftigt und zahlreiche Kontakte geknüpft hat, auch zu diesen beiden Herren. Sie hat beide persönlich getroffen.
Bewundern Sie die beiden?
Böttinger: Ich bewundere sie für ihren Mut, weil beide wussten, wenn sie öffentlich machen, was sie herausgefunden haben, wird es für sie keine rosige Zukunft geben. Wer Staatsgeheimnisse öffentlich macht, die mit Rechtsbrüchen verbunden sind, bezahlt dafür einen hohen Preis. Das war schon immer so.
Hätten Sie die beiden gerne mal in Ihrer Talkshow "Kölner Treff"?
Böttinger: Klar, sofort. Das Problem bei ausländischen Gästen ist jedoch, dass der deutsche Zuschauer wegschaltet, weil er keine Simultanübersetzung mag. Das würde ich beim wichtigen Thema Überwachung jedoch in Kauf nehmen.
Würden Sie sagen, wir leben in einem Überwachungsstaat?
Böttinger: Ich würde es anders formulieren und sagen: Wir leben in einer Überwachungszeit. Ich würde der Bundesrepublik jetzt nicht den Begriff Überwachungsstaat unterjubeln wollen, aber in einer Überwachungszeit leben wir schon, wenn man sich anschaut, was von interessierter Seite alles an Daten gesammelt wird. Es geht ja nicht nur um das staatliche Interesse, sondern vor allem auch um wirtschaftliche Interessen. Unternehmen schauen sich unsere Daten genau an, um Profile erstellen zu können, mit denen man Profit machen kann. Denn wenn man weiß, wie jemand tickt, kann man ihm auch leichter Produkte verkaufen.
Was kann man als Privatperson dagegen tun?
Böttinger: In erster Linie sollte man mit seinen Daten nicht verschwenderisch umgehen und sich darüber klar werden, dass bestimmte Informationen verschlüsselt werden müssen. Das wäre schon mal ein erster Schritt in die richtige Richtung.