TV-Tipp des Tages: "Storno - Todsicher versichert" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Storno - Todsicher versichert", 20. Mai, 20.15 Uhr im Ersten
Rupert versucht in der Provinz Versicherungen zu verkaufen - doch niemand will sich versichern lassen. Nur die Bäuerin Olivia will für ihren Vater eine Lebensversicherung - allerdings hat sie dafür ihre eigenen Gründe.

Dieser Film ist ziemlich mutig, und das nicht nur, weil er die haarsträubenden Erlebnisse eines jungen Versicherungsvertreters in der Provinz nicht als Krimi erzählt: Dank der liebenswert schrägen Figuren und des makabren Humors wird "Storno - Todsicher versichert" nicht jedermanns Sache sein. Im Grunde knüpft der Bayerische Rundfunk mit der Heimatgroteske an seine nur im dritten Programm ausgestrahlten Niederbayernkrimis ("Paradies 505") an. Wohlweislich hat der Sender dennoch auf das Etikett verzichtet, obwohl zwei Menschen erschlagen werden und die Täterin mit viel krimineller Energie einen Betrug in großem Stil plant. Außerdem spielt ähnlich wie in "Sau Nummer vier" ein  Schwein eine wichtige Rolle.

Tatsächlich wäre das süße Ferkel beinahe das erste Opfer, als Rupert Halmer (Max Riemelt) in Bayern eintrifft. Schon die verwegenen Anweisungen seines Navigationssystems, das ihn im Niemandsland ständig in angebliche Kreisverkehre schickt, sind witzig. Die Aussage "Das gewünschte Ziel existiert nicht" ist ein erster Hinweis darauf, dass Rupert die nächsten Tage in einer Parallelwelt verbringen wird. Der Spaß hört allerdings schlagartig auf, als sein Auto mit einem Handkarren kollidiert und sich ein roter Schwall über seine Windschutzscheibe ergießt. Die großartige Musik (Cowboys On Dope) signalisiert mit ihrer Mischung aus Country-Rock, Folk-Elementen und Ry-Cooder-Gitarre zwar weiterhin, dass man die Darbietungen nicht so ernst nehmen soll, aber dank der nun folgenden Ereignisse wird sich das Leben diverser Beteiligter von Grund auf ändern; bei einigen für immer.

Das Drehbuch von Georg Ludy und Nils-Morten Osburg bevölkert die Gegend mit allerlei skurrilen Gestalten, die aber überwiegend harmlos sind; bis auf Olivia. Jeanette Hain verkörpert die Bäuerin, die von Australien träumt, sich aber um ihren bettlägerigen Vater Adolf (Fred Stillkrauth) kümmern muss, als Hinterwäldlerin, die ihre Heimtücke hinter wortkarg-unscheinbarer Fassade verbirgt. Als Rupert, der gemeinsam mit einigen Kollegen im Auftrag seines schneidigen Chefs (Axel Stein) in dem Ort die Klinken putzen muss, auch Olivia seine Aufwartung macht, wittert sie die Chance, ihr kümmerliches Dasein hinter sich zu lassen, und schließt eine teure Lebensversicherung für Adolf ab. Nun fehlt nur noch die ärztliche Gesundheitsbescheinigung, aber weil der Zustand von Olivias Vater ebenso niederschmetternd ist wie der seines Hofs, will Dorfdoktor Wedekind (Marcus Mittermeier) die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen; er ist bei weitem nicht der letzte, der erkennen muss, dass man sich Olivia besser nicht in den Weg stellt.

Angesichts des sehr speziellen Humors dieses Films sind Vergleiche mit Marcus H. Rosenmüllers bayerischen Komödien "Wer früher stirbt ist länger tot" oder "Wer’s glaubt, wird selig" durchaus angebracht. Das gilt auch für die Inszenierung, was umso überraschender ist, weil Kameramann Jan Fehse sein Arbeitsgerät diesmal Philipp Kirsamer überlassen hat; "Storno" ist nach "In jeder Sekunde" (2008) und "Jasmin" (2011) erst seine dritte Arbeit als Regisseur. Sein Stil ist ähnlich entspannt wie die Musik, aber da ständig was passiert, ist das Tempo völlig ausreichend. Der Film lebt ohnehin von den Figuren und ihren Dialogen. Viele dieser Rollen sind ähnlich klein wie die des Doktors, aber nicht minder prominent besetzt, was natürlich für die Qualität des Drehbuchs spricht: Alexander Held als einarmiger Wirt, Eisi Gulp als tschechischer Kleinganove, Sigi Zimmerschied als frömmelnder Fischhändler. Auch Jürgen Tonkel und Amelie Kiefer passen perfekt zu ihren Rollen: er als schlitzohriger Dorfpolizist, der Rupert auf dem Kieker hat, sie als Bedienung im Gasthof, für die das gleiche gilt, wenn auch im romantischen Sinn. Gemeinsam mit Ausstattung und Kostümbild tragen sie alle dazu bei, dass aus der anfänglichen Heimatgroteske eine Romanze wird, die sich erst zum Krimi wandelt und gegen Ende sogar Züge eines Thrillers trägt.