Eine Kirchengemeinde in Dortmund gewährt einer Flüchtlingsfamilie Asyl. Welche, ist nicht bekannt - zu oft schon haben die Neonazis in Dortmund vor Flüchtlingsunterkünften demonstriert und den Menschen Angst eingejagt. Am vergangenen Mittwoch war es dann soweit: die Dortmunder Neonazis der Partei "Die Rechte" riefen auf einer Internetseite der lokalen Szene zu einer "Fahndung" nach der Flüchtlingsfamilie auf.
Die Neonazis haben ein "Fahndungsplakat" im Western-Stil gedruckt und bitten um Hinweise. In dem veröffentlichten Text auf der Internetseite rufen sie weiter dazu auf, sich an Gebäuden der evangelischen Kirche umzuhören und dort nachzufragen. Am späten Mittwochabend vergangener Woche veröffentlichte die Neonazi-Partei auf ihrer Facebook-Seite dann ein Foto ihrer Suchaktion. Drei Neonazis sind darauf zu sehen, die mit einer Taschenlampe vor einer evangelischen Kirchengemeinde stehen.
Bisher ist noch nichts passiert, doch der Superintendent des Dortmunder Kirchenkreises, Ulf Schlüter, sagt: "Ich nehme das ernst, halte das aber bislang vor allem für Provokation." Solche Aufrufe der Neonazis sind in Dortmund nicht neu: seit vergangenem Jahr treten sie in der Stadt immer wieder als "Rechter Stadtschutz" auf und "patrouillieren" vor allem im Stadtteil Dorstfeld in einheitlichen gelben T-Shirts und gerieren sich als rechte Bürgerwehr.
"Die Straße frei den gelben Bataillonen"
Die Dortmunder Polizei hat im vergangenen August versucht, dieses Auftreten zu verbieten. In dem Werbeslogan "Die Straße frei den gelben Bataillonen" sah die Behörde ein Zitat aus dem verbotenen Horst-Wessel-Lied. Außerdem sei das Tragen der einheitlichen Shirts eine Uniformierung, die gegen das Versammlungsrecht verstoße. Mittlerweile wurde dieses Verbot jedoch begleitet vom Jubel der Neonazis gerichtlich aufgehoben.
Bereits seit mehreren Monaten protestieren und hetzen die Dortmunder Neonazis gegen Flüchtlinge. Ende vergangenen Jahres störten sie zunächst mehrere Bürgerversammlungen, auf denen über die Einrichtung neuer Flüchtlingsunterkünfte in Dortmunder Stadtteilen informiert werden sollte. Im Januar verletzten Neonazis am Rande einer solchen Veranstaltung dann sogar einen Polizisten. Nachdem mehrere Rechtsextremisten wegen Beleidigungen des Saales verwiesen wurden, gerieten sie mit Beamten aneinander, die deren Personalien aufnehmen wollten.
Seitdem verlagert sich der rassistische Protest vor allem auf die Straße. Mittlerweile melden die Neonazis der Partei "Die Rechte" wöchentlich Kleinkundgebungen gegen Flüchtlingsunterkünfte an. Teilweise versuchen sie dabei, als lokale Bürgerinitiativen aufzutreten. Ebenso wöchentlich gibt es Gegenproteste von linken und zivilgesellschaftlichen Gruppen. Doch wo anfangs noch mehrere Hundert Menschen gegen die rechte Hetze protestierten, waren es zuletzt nur noch Dutzende.
Nicht immer findet der rechte Protest jedoch tagsüber statt. Anfang Februar wurde die Polizei abends in den Dortmunder Stadtteil Eving gerufen. Hier war in einer ehemaligen Schule eine Notunterkunft für Flüchtlinge eingerichtet worden. Im Schutze der Dunkelheit und ohne Polizeibegleitung hatten sich dort mehr als 20 Neonazis versammelt, um mit Fackeln und Böllern vor die Unterkunft zu ziehen. Mehrere Kriegsflüchtlinge berichteten hinterher, sie hätten die Knallgeräusche im ersten Moment für Schüsse gehalten. Die Polizei konnte kurze Zeit später in einem Großeinsatz 13 Neonazis festnehmen.
Aktiv sind in Dortmund aber nicht nur Neonazis sondern auch antirassistische Flüchtlingsunterstützer. Im Dortmunder Unionviertel haben sich bereits vor der Eröffnung einer Flüchtlingsnotunterkunft im vergangenen Jahr dutzende Anwohner zusammengeschlossen, um Kleiderspenden zu sammeln und Freizeitangebote für die Flüchtlinge zu organisieren. Auch die Gruppe "Refugees Welcome Dortmund" bietet mehrfach wöchentlich kostenlose Sprachkurse für Flüchtlinge an, organisiert Demonstrationen und hilft den Flüchtlingen sich selbst zu organisieren.
Mehrfach gab es in den vergangenen Monaten auch Versuche, Abschiebungen aus Flüchtlingsunterkünften in Dortmund zu blockieren. Nachdem Flüchtlingsunterstützer Ende Februar über den Kurznachrichtendienst Twitter zu einer solchen Abschiebeblockade im Stadtteil Eving aufriefen, meldete ein "Die Rechte"-Mitglied eine nächtliche Spontankundgebung vor der Flüchtlingsunterkunft an. Die Anmeldung einer Gegenkundgebung folgte prompt. Doch die Polizei verbot beide nächtlichen Kundgebungen vor der Unterkunft. Da sich beide Gruppen nicht daran hielten, konnte die Abschiebung nicht durchgeführt werden. Zu unübersichtlich war die Lage rund um die Unterkunft. Im Internet wurde deshalb später gewitzelt: "Dortmunder Neonazis verhindern Abschiebung".