Zu schade, dass die "Desperate Housewives" schon vor elf Jahren ihren Siegeszug rund um die Welt angetreten haben; ohne das US-Vorbild wäre diese österreichisch-deutsche Koproduktion noch origineller. Allerdings liegt der Erfolg der verzweifelten Hausfrauen aus Amerika auch schon wieder so lange zurück, dass "Vorstadtweiber" nicht wie eine Kopie wirkt; selbst wenn die Inszenierung zumindest der ersten Folgen (Sabine Derflinger) ruhig flotter und frecher hätte sein können. Auch so aber wird die zehnteilige Serie bei den Zuschauerinnen der ansonsten meist biederbraven Dienstagsunterhaltung im "Ersten" für kleine atemlose Aufregungen sorgen: Der Tonfall der Geschichte, ihre Dialoge und vor allem der erotische Faktor sind im Vergleich zu altbackenen Produktionen wie "Um Himmels Willen" oder "In aller Freundschaft" geradezu schockierend. Abgesehen von einem allerdings ebenfalls jugendfrei in Szene gesetzten Badezimmerbeischlaf sind die Bilder sind zwar nie anstößig, aber es geht ständig um Sex, und der findet überwiegend außerehelich statt. In "Vorstadtweiber" betrügt jeder jeden: Männer ihre Frauen, Frauen ihre Männer, Freunde ihre Freunde.
Die Charaktere mögen mitunter etwas klischeehaft ausgefallen sein, aber das lässt sich beim einem zehnköpfigen Ensemble fast nicht vermeiden. Außerdem hat Uli Brée die Figuren so gnadenlos satirisch überhöht, dass sie wie Karikaturen wirken. Auch hier beweist der Autor, den man nicht zuletzt dank seiner Vorlagen für diverse wunderbaren Komödien von Wolfgang Murnberger ("Die Spätzünder") für den einen der besten österreichischen Drehbuchautoren halten könnte, wenn er kein Deutscher wäre, erneut seine Ausnahmestellung; gerade die Dialoge sind in all’ ihrer Boshaftigkeit ein Genuss.
Tilmann P. Gangloff, Diplom-Journalist und regelmäßiges Mitglied der Jury für den Grimme-Preis, schreibt freiberuflich unter anderem für das Portal evangelisch.de täglich TV-Tipps und setzt sich auch für "epd medien" mit dem Fernsehen auseinander. Auszeichnung: 2023 Bert-Donnepp-Preis - Deutscher Preis für Medienpublizistik (des Vereins der Freunde des Adolf-Grimme-Preises).
Wenn überhaupt, dann kann man der Serie vorhalten, dass sie zu lange braucht, um zur Sache zu kommen. Fast zwei Folgen lang gefällt sich Brée darin, seine Figuren einzuführen, indem er kleine Episoden aneinander reiht. Die vier weitgehend beschäftigungslosen Gattinnen erfolgreicher und entsprechend vermögender Ehemänner vertun ihre Lebenszeit wahlweise mit Shopping oder dem Vernichten von Prosecco, sind mit ihrem Dasein aber dennoch ganz zufrieden, bis sie das Schicksal einer fünften Freundin in helle Aufregung versetzt: Sabine ist vom Gatten vor die Tür gesetzt worden und nun dank eines ungünstigen Ehevertrags derart mittellos, dass sie putzen gehen muss. Um ein ähnliches Schicksal zu vermeiden, machen sich die Frauen einen Plan zunutze, mit dem ihre Männer auf nicht ganz legale Weise an das große Geld kommen wollen. Dafür brauchen sie jedoch Strohmänner; oder Strohfrauen...
Die Gesichter der männlichen Mitglieder des Ensembles sind hierzulande ungleich bekannter (Bernhard Schir, Lucas Gregorowicz, Simon Schwarz, Juergen Maurer); in der Damenriege ist allein Nina Proll halbwegs prominent. Aber ihre Partnerinnen sind nicht minder treffend besetzt; vor allem Martina Ebm setzt als Jüngste der Runde attraktive Akzente. Die ARD zeigt "Vorstadtweiber" in fünf Doppelfolgen. Etwas anderes lässt die Struktur des Abendprogramms natürlich nicht zu, aber im Grunde ist die Serie wie geschaffen dafür, am Stück angeschaut zu werden.