TV-Tipp: "Kommissar Marthaler: Ein allzu schönes Mädchen" (Arte)
TV-Tipp des Tages: "Kommissar Marthaler: Ein allzu schönes Mädchen", 1. Mai, 20.15 Uhr auf Arte
"Ein allzu schönes Mädchen" ist die Geschichte einer rätselhaften Mordserie, die Marthaler vom verdienten Urlaub abhält. Jedes Mal, wenn er endlich zur Ruhe kommen könnte, um die Krise in der Beziehung zu seiner Freundin Tereza zu klären, kommt ihm eine neue Leiche dazwischen.

"Magnifique!": Mehr sagt sie nicht, die lebensgefährliche Titelheldin dieser erneut sehenswerten ZDF-Adaption eines Frankfurt-Krimis von Jan Seghers. Verkörpert wird die attraktive junge Frau, die eigentlich Manon heißt, aber auch im Abspann bloß als "Ein allzu schönes Mädchen" geführt wird, von der Belgierin Ella-June Henrard, die dem Titel in ihrer ersten deutschen Rolle vollauf gerecht wird. Das gilt auch für den Film, zumindest in Bezug auf die Erwartungen, die die beiden ersten Fälle mit Matthias Koeberlin als Kommissar Marthaler geweckt haben. Erneut zeigt sich, wie sehr ein Fernsehfilm von einer komplexen und atmosphärisch dichten Vorlage profitiert; das galt auch kürzlich für die erste Adaption eines "Dengler"-Krimis von Wolfgang Schorlau ("Die letzte Flucht").

"Ein allzu schönes Mädchen" ist die Geschichte einer rätselhaften Mordserie, die Marthaler vom verdienten Urlaub abhält. Jedes Mal, wenn er endlich zur Ruhe kommen könnte, um die Krise in der Beziehung zu seiner Freundin Tereza (Ellenie Salvo González) zu klären, kommt ihm eine neue Leiche dazwischen. Die Opfer sind ausnahmslos männlich. Drei von ihnen haben gemeinsam einen Junggesellenabschied gefeiert; es sollte ein Abschied für immer werden. Der vierte Tote ist ein Journalist, der mit den drei anderen überhaupt nichts zu tun hatte. Entsprechend groß ist das Rätsel, vor dem die Polizei steht, zumal sie dabei ist, sich lächerlich zu machen: Auf Drängen von Marthalers Chef (Peter Lerchbaumer), der den Fall gleich mehrfach für gelöst hält und Marthaler zurück in den Urlaub schickt, werden ständig neue Haftbefehle beantragt.

Erneut beweist Lancelot von Naso ("Mein Mann, ein Mörder", "Waffenstillstand"), der das Drehbuch gemeinsam mit Kai-Uwe Hasenheit schrieb und auch die anderen Marthaler-Filme inszeniert hat, sein herausragendes Regietalent. Wie gut sein Ruf offenbar auch unter Schauspielerin ist, zeigt die beeindruckende Besetzungsliste. Neben dem ausgezeichneten ständigen Ensemble (Julia Jentsch, Jürgen Tonkel, Tim Seyfi), zu dem dank ihrer Kurzauftritte auch Mirjam Weichselbraun als Rechtsmedizinerin gehört, gesellen sich als Gäste in Kleinstrollen unter anderem Alexander Scheer als süffisanter Zuhälter und erster Verdächtiger, Gustav Peter Wöhler als sein Anwalt, Martin  Semmelrogge als Bruder des Ganoven, Ingo Naujoks als Kommissar aus Saarbrücken, Wilfried Hochholdinger als Untersuchungsrichter sowie Florian Panzner als uniformierter Polizist.

Die entsprechenden darstellerischen Kleinodien machen zwar Spaß, verkämen aber zu Petitessen, wenn der Film nicht als Gesamtkunstwerk überzeugen würde; und das tut er vor allem wegen der Geschichte. Von Naso gelingt dabei das Kunststück, die nervenaufreibend mühselige detektivische Kleinarbeit immer spannend zu gestalten. Ähnlich wie bei "Dengler" wirkt die Bildgestaltung für einen Fernsehfilm zudem enorm aufwändig. Abgesehen von den Revierszenen wechseln in Verbindung mit den vielen unerwarteten Handlungswendungen ständig die Schauplätze, und die Jagd nach dem weiblichen Phantom auf dem Frankfurter Hauptbahnhof (Kamera: Lars Liebold) stellte logistisch ohne Frage eine Herausforderung dar, wie sie sonst nur für Kinofilme in Angriff genommen wird.