TV-Tipp des Tages: "Tatort: Das Muli" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Das Muli", 22. März, 20.15 Uhr in der ARD
Ein neues Team geht in Berlin an den Start: Robert Karow ist ein begabter Analytiker, hat aber offensichtlich in Sachen Sozialverhalten enormen Nachholbedarf. Nina Rubin treibt sich nachts mit einem scheinbar Fremden in einem Hinterhof herum. Für zusätzliche Brisanz sorgt, dass Karow auf der Lohnliste eines mächtigen Drogenkartells stehen soll. So dreht sich der erste Fall des Duos denn auch um Drogen.

Der Sonntagskrimi im "Ersten" ist seit vielen Jahren der mit Abstand erfolgreichste deutsche Sendeplatz. Selbst der permanente Personalwechsel scheint sich nicht nachteilig auszuwirken. Einzig die Autoren haben ein Problem: Sie müssen sich ständig neue Protagonisten ausdenken, die ja nicht bloß einen Film lang fesseln, sondern im Optimalfall viele Jahre Lust aufs Einschalten machen sollen. Da lässt es sich auf Dauer anscheinend nicht vermeiden, dass bestimmte Persönlichkeitsprofile immer wieder auftauchen. Robert Karow zum Beispiel, der neue Ermittler aus Berlin, ist ein Mensch, der seine Kollegen gleich am ersten Arbeitstag vor den Kopf stößt; in Sachen Sozialverhalten hat der begabte Analytiker ganz offensichtlich enormen Nachholbedarf. Die Beschreibung würde allerdings auch auf die "Tatort"-Kollegen aus Leipzig und Dortmund passen. Dass sich ein Kommissar nicht erst groß vorstellt, sondern direkt am Tatort auftaucht, ist ebenfalls nicht gerade neu. Karow, der vom Drogendezernat zur Mordkommission gewechselt ist, steht zudem angeblich auf der Lohnliste eines mächtigen Kartells; das erinnert an die ersten "Polizeiruf"-Krimis aus Rostock. Kein Wunder, dass ihm seine neue Partnerin erst mal ausgesprochen reserviert und mit viel Argwohn begegnet.

Dabei ist Nina Rubin auch kein Kind von Traurigkeit: Man lernt sie kennen, als sie sich nachts leidenschaftlich einem scheinbar Fremden in einem Hinterhof hingibt. Ihr Mann findet diese Eskapaden seiner Frau abstoßend und lässt sie mit den beiden Söhnen allein zurück. Das ist immerhin eine ungewöhnliche Einführung für eine Kommissarin, die man ja eigentlich sympathisch finden soll, und von dem Seitensprung abgesehen verkörpert Meret Becker Nina Rubin als recht patente Frau. Das muss sie auch, denn zwei zentrale Anti-Figuren würden die Langmut des Publikum vermutlich allzu sehr strapazieren, schließlich bleibt Mark Waschke seiner Linie treu: Karow ist cool, attraktiv und arrogant; Kontakte zur Dogenmafia hat er tatsächlich.

Für Kinder ungeeignet

Auch sonst merkt man diesem rasant erzählten und aufwändig wirkenden Krimi mit dem schlichten Titel "Das Muli" an, dass der RBB dem neuen Team einen starken Auftakt verschaffen wollte. Das Drehbuch stammt immerhin von Stefan Kolditz ("Unsere Mütter, unsere Väter"), und Grimme-Preisträger Stephan Wagner, der der ARD erst kürzlich mit dem Harzkrimi "Harter Brocken" einen Quotenknüller beschert hat, ist ohnehin ein großartiger Krimiregisseur. Was die Bildgestaltung angeht, ist der Film in der Tat ein Leckerbissen, zumal Wagners bevorzugter Kameramann Thomas Benesch immer wieder kunstvolle Einstellungen komponiert hat. Die nächtlichen Metropolenbilder und die Thriller-Musik von Ali N. Askin verleihen dem düsteren Krimi, der zudem hervorragend geschnitten ist (Susanne Ocklitz), eine ganz spezielle Atmosphäre. Der Titel bezieht sich auf Johanna (Emma Bading), ein junges Mädchen, das gemeinsam mit einer Freundin mexikanisches Kokain im Magen nach Deutschland geschmuggelt hat. Das zweite Mädchen ist gestorben, weil einer der Beutel kaputt gegangen ist; die Dealer haben sie regelrecht ausgeweidet. Das wird natürlich nicht im Detail gezeigt, aber nicht nur das angedeutete Blutbad macht den spannenden Film für Kinder definitiv ungeeignet.