"Es ist auch Glaube an Menschlichkeit, an Geld, an Erfolg. Menschen glauben an Ufos und Außerirdische. Es geht auch um Glaube und Profit im Wirtschaftsleben, das Geschäft mit den Reliquien. Die Liste lässt sich endlos fortsetzen. Das wollen wir in einer Themenwoche fassen und darauf hinweisen, dass Glaube nicht nur etwas Religiös-Institutionelles ist, sondern etwas sehr persönliches", erklärt Anja Fix, Leiterin des Bereichs Dokumentation und Wirtschaft, die die Themenwoche redaktionell verantwortet. Aber auch die Glaubensgemeinschaften selbst kommen zu Wort: "Zum Beispiel gibt es zwei Sendungen über Evangelikale, die wir in ihrer eigenen Lebenswelt zeigen. Das war uns bei der Konzeption der Themenwoche wichtig. Wir liefern Meinungen nicht vor, sondern wir zeigen Personen, die einen bestimmten Glauben ausüben und der Zuschauer selbst muss sich dazu verhalten."
In der mehr als sehenswerten niederländischen Dokumentation "Der Prediger und ich" (Montag, 23. März, 21:00 Uhr) begleitet der atheistische Filmemacher Victor Vroegindeweij den evangelikalen Erfolgsprediger Mattheus von der Steen bei seiner Missionsarbeit. Der Film beginnt still, mit einem Gedicht von Lewis Thomas: "Der Mensch ist das einzige Tier, das die Zukunft fürchtet, sich nicht an den Gedanken des Todes gewöhnen will und nicht still sitzen kann." Pastor Mattheus von der Steen ist so ein unermüdliches Menschentier. Immer ist er in Aktion, predigt, tauft, plant große Tourneen seiner Organisation TRIN in Fernost, ist nebenbei aber auch noch liebevoller Vater für seine drei Kinder. Es scheint, als könne der evangelikale Prediger Wunder vollbringen. Die Medien berichten über ihn, Blinde können wieder sehen, Tote werden wieder auferweckt. Er glaubt daran, die Menschen glauben daran, nur Victor nicht, der in vielen Szenen skeptisch-erstaunt am Rande steht. Wieso verfallen all diese Menschen in Ekstase und urchristlich-geisterfülltes Zungenreden, kaum dass der Prediger mal so richtig loslegt? In seiner Kirche suchen viele Verzweifelte den so genannten Heilungsraum auf. Auch Victor probiert das aus, leidet er doch an Angstattacken. Alles Salben und Freibeten hilft dem cineastischen Skeptiker aber nicht, er will sich einfach nicht taufen lassen. "Es fühlt sich für mich mehr wie ein Konversions- denn wie ein Heilungsraum an", sagt Victor lakonisch.
Am Ende zählt die Liebe
Selbst die tausendfache Begeisterung der Menschen in Myanmar für den niederländischen Charismatiker überzeugt ihn nicht. Der Großgottesdienst mit anschließender Massentaufe und Heilungswundern an Lahmen und Blinden lässt ihn kühl. Das liege doch am vielen guten Willen, nicht an Gott, sagt er. Wieder zurück in den Niederlanden haben beide nur noch sms-Kontakt. Victor wird Vater, auch ohne Gott, bei Mattheus' Frau Rebekah wird Schilddrüsen-Krebs diagnostiziert, auch mit Gott. Das komme vom Bösen, vom Teufel, von der Dunkelheit, weiß Mattheus, und liest seiner Frau aus Psalm 23 vor. Während der Zeit der Strahlentherapie wird Victors Sohn geboren. Schließlich gesundet auch Rebekah wieder. Nach dem Glauben von Mattheus hat Gott das getan. "Und ich bin dazu da, daran zu zweifeln", erklärt Victor. Was am Ende zählt, ist die Liebe, etwa zu seinem Sohn! In der letzten Bildeinstellung sieht man close auf dem Abspann den brabbelnden Säugling. Ein wunderbarer Film!
Es bleibt aber die Frage, ob Wunder wirklich möglich sind? Die Wissenschaftsdokumentation von Bernd Reufels will "Wunder - das Unerklärliche erklären" (Donnerstag, 26. März, 20:15 Uhr). Drei Mal im Jahr wird das Blutwunder von Neapel begangen, 1700 Jahre altes Blut des Heiligen Januarius, einst Bischof von Neapel, verflüssigst sich immer wieder auf wundervolle Weise. Dann weiß die Stadt, dass es nahe des Vesuvs gelegen kein Unglück geben wird. Ein atheistisch-ungläubiger Chemiker aus Padua kann aber nachweisen, dass man diesen Effekt auch ganz einfach im Labor nachmachen kann. Ab in ein Fläschchen, schon ist die Reliquie fertig. Ähnlich bezweifelt er auch die Heilungswunder von Lourdes, weil dort trotz aller Gebete und Heiligem Wasser Menschen noch nie fehlende Beine oder Augen nachgewachsen seien. Die Menschen strömen dennoch zu Millionen in den kleinen französischen Wallfahrtsort. Und nichts bleibt hier dem göttlichen Zufall überlassen. Das international mit 20 Spezialisten besetzte Lourdes-Ärztekomitee prüft und bestätigt Spontanheilungen. Bei 200 Millionen Wallfahrern seit 1858 fielen rund 30.000 Heilungen an. Davon wurden 7500 ärztlich geprüft, 2500 von ihnen gelten bis heute als unerklärlich. Und letztendlich 69 wurden von der Kirche offiziell zu Wundern erklärt.Von A wie allahu akbar bis Z wie Zeichen und Symbole
Gar nicht wunderlich, sondern eher unterhaltsam kommt einer der Eröffnungsfilme der 3sat-Themenwoche von Thorsten Eppert und Niels Folta "Glauben A-Z" daher (Montag, 23. März, 20:15 Uhr). In 24 Beispielen wird das Weltphänomen Glaube dekliniert, denn es brummt, singt und betet rund um den Globus. Von A wie allahu akbar, über E wie Ewiges Licht in einer Hamburger Kerzenfabrik, I wie Israel, Besuch beim einzigen jüdisch-palästinensischen Jerusalem Boxing Club im ehemaligen Luftschutzkeller, bis Z wie Zeichen und Symbole in den Religionen. Eine kurzweiliger Schnelldurchlauf. Selbst Abwegiges wie der neugermanische Odinglauben kommt in den Blick.
Im Grunde hat die Themenwoche allerdings schon im Vorfeld der linearen Ausstrahlung begonnen, nämlich im Internet, verrät 3sat-Redakteurin Anja Fix: "Wir laden unsere Zuschauer ein, uns ihre Gedanken zu dem Thema zu sagen, woran sie glauben oder wo der Glaube ihnen schon mal geholfen hat oder sie auch damit gar nichts anfangen können. Und das können sie als Film schicken oder als e-mail, und das alles findet sich auf unserer online-Welt wieder. Da entsteht ein Kaleidoskop dessen, woran Menschen glauben oder eben auch nicht."