Wie sollten sie das ihren besten Freunden beibringen? Die hatten sofort freudig zugesagt, Paten zu werden. Sicher, dass die beiden nicht in der Kirche sind, das wussten die Taufeltern. "Aber ist denn so etwas heute noch so schlimm?", fragten sie die Pfarrerin enttäuscht. Das Wichtigste sei doch, dass die Eltern den Paten vertrauten.
Die Geistliche schüttelte den Kopf: "Nein, Ihre Freunde können unmöglich Paten werden!" Ihr Argument: Das Patenamt sei ein kirchliches Amt, und das könnten nun mal nur Kirchenmitglieder ausüben. Schließlich müssten die Paten versprechen, dass sie bis zur Konfirmation gemeinsam mit den Eltern für die Erziehung ihres Patenkindes im christlichen Glauben sorgen würden. "Könnte das jemand glaubhaft versprechen, der sich selbst von der Kirche abgewendet hat?", fragte die Pfarrerin.
Verlässliche Begleiter oder Bürgen?
Irgendwie verstanden die Eltern das Anliegen der Pfarrerin. Aber auch sie hatten ein besonderes Anliegen bei der Wahl der Paten: Sie wollten diese Menschen gern in eine enge Beziehung zu ihrem Kind bringen. Was wäre, wenn ihnen selbst einmal etwas zustieße? Ihre Freunde hatten schon signalisiert, dass sie sich dann um das Kind kümmern würden. Dieses Versprechen, so die Eltern, sei ihnen viel wichtiger als die Kirchenmitgliedschaft ihrer Wunschpaten. Ein fragwürdiges Argument?
Als das Patenamt in der Alten Kirche entstand, hatte es eine ganz andere Bedeutung als heute: Der Pate musste für den damals in der Regel erwachsenen Täufling vor der Gemeinde bürgen, dass es dieser mit dem neuen Glauben wirklich ernst meint. Schließlich konnte der Glaube dramatische Konsequenzen haben, denn im Römischen Reich gab es immer wieder grausame Christenverfolgungen.
Examinierte Paten
Als das Christentum zur Staatsreligion in Europa geworden war, mussten die Paten sogar ein Examen ablegen, in dem getestet wurde, ob sie ihrem Patenkind denn auch den rechten Glauben beibringen könnten. Zu Beginn der Neuzeit wandelte sich mit der Taufe auch das Patenamt: Man bemühte sich, dem Kind möglichst angesehene und wohlhabende Paten zu verschaffen, denn man erwartete von ihnen zur Taufe und zu Geburtstagen reiche Geschenke.
###mehr-artikel###
Heutzutage möchten Eltern oft nahe Verwandte und besonders gute Freunde enger an ihre Familie binden, indem sie sie zu Paten wählen. Dadurch ist der kirchliche Sinn des Patenamtes bei den meisten Taufeltern in den Hintergrund getreten. Patenschaft gilt heute als Auszeichnung und Freundschaftsbeweis für die Paten und als eine Absicherung des Kindes im Falle eines Unglücks: Stößt den Eltern etwas zu, so die Hoffnung, springen die Paten ein.
Die meisten Pfarrerinnen und Pfarrer in der evangelischen Kirche haben Verständnis für solche sozial motivierte Patenwahl. Dennoch müssen sie darauf bestehen, dass zumindest ein Pate evangelisch ist oder zumindest einer anderen Kirche aus der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehört. Das könnte zum Beispiel auch ein Katholik sein. Die Kirche will nicht nur Zeremonienmeisterin für schöne Rituale sein, sondern daran erinnern, dass der christliche Glaube, die Gemeinschaft mit Gott im Zentrum steht.
Aufgenommen in die Gemeinschaft der Glaubenden
Durch die Taufe empfängt ein Mensch nach kirchlichem Verständnis nämlich mehr als nur einen feierlichen Glückwunsch für sein Leben. In der Taufe wird der Täufling Christ, und zum Christsein gehört die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden unverzichtbar dazu.
Doch es muss vor der Taufe keine Tränen geben. Meistens können sich Pfarrer und Eltern einigen. Die Pfarrerin kann die enttäuschten Taufeltern beruhigen: „Sie suchen einen zusätzlichen Paten, der Kirchenmitglied ist. Wenn das schwierig ist, helfe ich Ihnen bei der Suche. Ihre ursprünglich vorgesehenen Paten werden an der Taufe beteiligt."
Das Fest ist gerettet! Vielleicht aber ist gerade die Übernahme eines Patenamtes auch ein guter Grund, wieder in die Kirche einzutreten. Denn wer einen Täufling an die Hand nimmt, sollte wissen, wohin der Weg führt.