Das Tier, das eben noch mit aller Macht aus dem Drängelgang ausbrechen wollte und wild die Augen rollte, fällt betäubt seitlich durch eine Klappe und wird kurz darauf an den Hinterbeinen aufgehängt. Es bekommt die Halsschlagader aufgeschlitzt, um kopfüber auszubluten.
Beseelte Wesen
Vieltausendfach erleiden Tiere dieses Schicksal, ganz so, als ob es sich bei ihnen um eine beliebige Ware handele. Doch es steht außer Frage: Es sind beseelte Wesen. Sie empfinden Angst und Lebensfreude. Spezifische Gefühle und Bewusstseinslagen kann man ihnen nicht abstreiten. Doch das, was Psychologen unter der Seele verstehen, unterscheidet sich von dem religiösen Begriff, um den es hier geht.
Das Christentum geht von der Unsterblichkeit des Menschen aus. Oft ist damit die Vorstellung verknüpft, dass im Sterben die Seele den Körper verlässt und zu Gott auffährt. Werden am Ende der Zeiten die Toten von Gott auferweckt, sind Seelen und Körper wieder vereint.
Wenn Tiere ähnlich wie die Menschen eine unsterbliche Seele hätten, könnten auch sie einen hohen Rang in der religiösen Werteordnung beanspruchen und damit letztlich besonderen Respekt. Es lohnt sich also nachzufragen, was religiös unter der Seele zu verstehen ist.
Seele als Kommunikationsinstrument
Der hebräische Begriff für Seele bedeutet unter anderem Luftröhre. Die Seele ist gleichsam ein Kommunikationsinstrument, durch das Lebewesen in Kontakt zu Gott treten. Zumindest nach den biblischen Quellen gibt es allerdings eine solche direkte Kommunikation zwischen Gott und den Tieren nicht. Anders verhält es sich zwischen Gott und Mensch: In der ganzen Bibel ist immer wieder von ihrer vielfältigen, wechselhaften Beziehung die Rede.
Bereits für den Theologen Augustinus (354-430) war klar, dass nur Menschen eine unsterbliche Seele haben, also einen direkten Austausch mit Gott, während die Seele der Tiere mit dem Tod zugrunde geht. Eine ähnliche Position bezog der mittelalterliche Theologieprofessor Thomas von Aquin (1225-1274), der sich auf der Argumentationsspur des antiken griechischen Philosophen Aristoteles bewegte: Tiere haben keine unsterbliche Seele, sie sind auch nicht für die Ewigkeit geschaffen.
Diese Haltung ist im Christentum bis heute bestimmend. Von einer Auferstehung der Tiere oder einem Leben nach dem Tod kann demnach bei ihnen keine Rede sein. Bisweilen gibt es allerdings auch andere Töne in der Theologie.
Ewiges Leben für Tiere?
Aus dem Hinweis in der Bibel, dass am Ende der Zeit die ganze Schöpfung verwandelt werde, schließen manche, dass auch Tiere ein künftiges Leben haben werden, wie auch immer man es sich vorstellen darf. Wichtig für Juden und Christen ist allemal: Tiere sind keine beliebigen Sachen. Sie stehen als Geschöpfe Gottes den Menschen besonders nahe. Allerdings haben die Menschen Verfügungsgewalt über sie. Sie nutzen sie zur Nahrung und als Opfertiere.
Dafür berufen sie sich auf Gottes Auftrag (1. Buch Mose, Kapitel 1, Vers 28): "Macht euch die Erde untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht."
Entscheidend ist der Respekt
Welche genauen Befugnisse den Menschen zustehen, ist offen. Sie sollen sich den Tieren gegenüber jedoch verhalten wie ein Hirt gegenüber seiner Herde: fürsorglich, bewahrend. Evangelische Theologen spielten eine zentrale Rolle bei der Entstehung der deutschen Tierschutzbewegung. Man darf jedoch nicht vergessen: Selbst dem pietistischen Pfarrer Christian Adam Dann (1758 -1837), Autor von Schriften wie der "Bitte der armen Thiere", ging es um Tierschutz, er war nicht dagegen, Tiere zu schlachten.
So ist Christen auch heute zu empfehlen, sich über das Wie von Tierzucht und -haltung den Kopf zu zerbrechen, nicht aber darüber, dass sie überhaupt genutzt und dafür auch getötet werden. Entscheidend ist der Respekt gegenüber den Tieren.