Er wird in weiten Teilen der Welt als Kriegstreiber gefürchtet, in seiner Heimat dagegen als der Mann verehrt, der Russland zu neuer Stärke geführt hat: Am russischen Präsidenten Wladimir Putin scheiden sich die Geister. Doch wie tickt der ehemalige KGB-Offizier, der sich selbst gerne als Macho hoch zu Ross oder mit der Jagdflinte in der Hand inszeniert, wirklich? Dieser Frage geht die Dokumentation "Mensch Putin" nach, die das ZDF am heutigen Dienstag um 20.15 Uhr zeigt.
Der Film von Michael Renz beleuchtet den Privatmann Putin und die politische Karriere des 62-Jährigen, für den der Zusammenbruch der Sowjetunion eine traumatische Erfahrung war und der wegen seiner Ukraine-Politik heftig kritisiert wird. Der gut recherchierte und mit interessanten Bildern aus Putins Privatleben ausgestattete Beitrag bietet nichts sensationell Neues, kann aber durchaus dazu beitragen, die Motive des Menschen und Politikers Putin besser zu verstehen.
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Die Dokumentation zeigt einen Mann, dem die Demonstration von Stärke über alles zu gehen scheint: Seine körperliche Kraft und Fitness sind dem russischen Präsidenten wichtig, Filmaufnahmen zeigen ihn in seinem privaten Fitnessstudio oder Schwimmbad, wo er einsam seine Runden zieht. Putin stilisiert sich gerne als topfitten Machtmenschen und ultrafleißigen Macher, der Tag und Nacht für Russland im Einsatz ist und an seinem Schreibtisch bei einer Tasse Tee Akten wälzt.
Dabei sei es mit dem Fleiß des Präsidenten gar nicht so weit her, berichten Kenner in dem ZDF-Beitrag: Putin soll ein Langschläfer sein, der notorisch unpünktlich ist und seine Minister, aber auch Staatsgäste schon mal stundenlang warten lässt. Selbst die englische Königin habe Putin eine geschlagene halbe Stunde lang warten lassen, erzählt ein Experte – die Unhöflichkeit eines Mannes, dem die Demonstration seiner Macht stets besonders wichtig ist und für den es im Leben, vor allem aber in der Politik immer um die zuweilen rücksichtslose Durchsetzung eigener Interessen geht.
Hüttenkäse statt Wodka
Einen Schwerpunkt legte TV-Autor Michael Renz auf Wladimir Putins Zeit in Dresden, wo er in den letzten Jahren der DDR als Agent des sowjetischen Geheimdienstes KGB stationiert war und mit Frau und zwei Töchtern ein vergleichsweise komfortables Leben führte. Der für die Anwerbung von Spionen zuständige KGB-Offizier Putin ließ es bei privaten Partys gerne krachen, war in Kneipen unterwegs und soll auch außerehelichen Affären gegenüber nicht abgeneigt gewesen sein.
Zudem soll Putin gerne mal einen über den Durst ###mehr-info###getrunken haben, was heutzutage nicht mehr vorkommt – der durchtrainierte russische Präsident hat dem Wodka schon lange abgeschworen und schwört jetzt auf Hüttenkäse. In Dresden erlebte der KGB-Offizier 1989 aber auch den Zusammenbruch der DDR, zwei Jahre später kollabierte die Sowjetunion. Ein Schock für den zu diesem Zeitpunkt in seine Heimatstadt Leningrad zurückgekehrten Putin, der in den Folgejahren eine steile politische Karriere machte. "Das Ende der Sowjetunion ist die größte geopolitische Katastrophe des Jahrhunderts", sagte er einmal. Kenner glauben, dass sich gerade in diesen Umbruchjahren in Putin der Glaube verfestigte, dass in der Politik nur Stärke zählt.
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Natürlich bemühte sich TV-Autor Renz auch um ein Interview mit Wladimir Putin, jedoch ohne Erfolg. "Wir haben nicht nur von Putin kein Interview bekommen, auch aus seiner persönlichen Entourage hat niemand mit uns sprechen wollen. Der Kreml hat komplett dicht gemacht", erzählt Michael Renz. Seine aufschlussreiche Dokumentation ist trotzdem sehr sehenswert.