Luise Schottroff beim evangelischen Kirchentag 2007 in Köln
Foto: epd-bild / Hanno Gutmann
Luise Schottroff beim evangelischen Kirchentag 2007 in Köln
Theologie gegen alle Widerstände
Luise Schottroff ist am Sonntag im Alter von 80 Jahren in Kassel gestorben
Die Theologieprofessorin Luise Schottroff hat in Fragen der feministischen Theologie, der sozialgeschichtlichen Auslegung der Bibel und des christlich-jüdischen Dialogs Pionierarbeit geleistet. Bekannt wurde sie durch ihre Auftritte auf den evangelischen Kirchentagen und als Mitherausgeberin der "Bibel in gerechter Sprache". Am Sonntagabend ist sie 80-jährig in Kassel gestorben.
09.02.2015
epd
Christian Prüfer

Die Ansätze und Thesen Schottroffs, die heute zur Theologiegeschichte zählen, erregten großes Aufsehen und führten zu heftigen Auseinandersetzungen. Ihre beharrliche Weigerung, sich dem theologischen Mainstream zu unterwerfen, wurde schon in ihrer Habilitationsarbeit mit dem Titel "Der Glaubende und die feindliche Welt" von 1969 greifbar. Entgegen dem allgemeinen Grundkonsens arbeitete sie in dem Buch enge Verbindungen des Johannesevangeliums mit der sogenannten Gnosis heraus. Diese Auffassungen seien mit der Ablehnung der Gnosis, wie sie sich etwa beim Apostel Paulus finde, nicht in Einklang zu bringen, so ihr Fazit. Die Gnosis war eine stark dualistisch und mystisch geprägte antike Weltanschauung, mit denen sich das frühe Christentum auseinandersetzen musste.

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Die am 11. April 1934 in Berlin geborene Schottroff wurde 1969 an die Universität Mainz zunächst als außerplanmäßige Professorin berufen. Ihre 1973 beabsichtigte Berufung als Nachfolgerin des theologisch ebenfalls umstrittenen Kollegen Herbert Braun, der in den Ruhestand ging, scheiterte am Veto der Professorenschaft. Als Folge forschte und lehrte Schottroff bis 1986 als außerplanmäßige Professorin.

1978 kam das Buch "Jesus von Nazareth - Hoffnung der Armen" heraus. Der Gemeinschaftsarbeit mit dem Theologen Wolfgang Stegemann war auch über die Grenzen der Fachwelt hinweg Erfolg beschieden. Das Buch war der Anlass für eine Einladung zum Kirchentag 1981. Durch diesen sowie durch weitere Auftritte bei den Protestantentreffen wurde sie einem breiten Publikum bekannt.

Die "Bibel in gerechter Sprache"

In ihrer bahnbrechenden sozialgeschichtlichen Analyse der Texte des Neuen Testaments legte Luise Schottroff besonderen Wert auf die alltäglichen, sozialen und politischen Hintergründe der Texte. 1986 an die Universität Kassel berufen, begründete sie dort ihren Forschungsschwerpunkt "Feministische Befreiungstheologie im Kontext Deutschlands".

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Die zierliche Frau wirkte bei ihren Auftritten zwar stets entschlossen und überzeugt, gab sich aber nie dogmatisch oder ideologisch. Das machte sie bei ihren Studierenden, aber auch bei dem außeruniversitären Publikum außerordentlich beliebt. Nach Ende ihrer universitären Tätigkeit im Jahr 1999 in Kassel lehrte sie von 2001 bis 2005 an der Pacific School of Religion in Berkeley und am Union Theological Seminary in New York als Gastprofessorin.

An der 2006 erschienenen "Bibel in gerechter Sprache" war Luise Schottroff nicht nur als Mitherausgeberin, sondern auch als Übersetzerin beteiligt. Von ihr wurde das Matthäusevangelium und der erste Korintherbrief bearbeitet. Die Bibelübersetzung stieß jedoch bei den evangelischen und bei der katholischen Kirche überwiegend auf Kritik und setzte sich für einen gottesdienstlichen Gebrauch nicht durch. Dennoch wurde Schottroff im Jahre 2007 unter anderem auch für ihre Herausgeberschaft dieser Übersetzung mit der Ehrendoktorwürde der Universität Marburg ausgezeichnet.

Liebe statt Sterbehilfe

Im April vergangenen Jahres erfuhr Luise Schottroff laut ihrer Kollegin und Freundin Claudia Janssen, dass sie unheilbar an Krebs erkrankt sei. Eine Chemotherapie lehnte sie ab, stattdessen begab sie sich in palliative Behandlung. "Sterbehilfe in ihrer kommerziellen Form finde ich entsetzlich. Mir am Ende des Lebens geschäftsmäßig eine Giftpille verabreichen zu lassen, kann ich mir nicht vorstellen", sagte sie gegenüber Janssen, die sie im August vergangenen Jahres im Krankenhaus besuchte und in der evangelische Zeitschrift "zeitzeichen" darüber schrieb. Für Schottroff war entscheidend, dass den Menschen, die mit Krankheit, Schmerzen, Sterben und Tod konfrontiert sind, mit Liebe begegnet wird. Darüber werde in der Debatte über das Thema Sterbehilfe viel zu wenig gesprochen, sagte sie.