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TV-Tipp des Tages: "Tod eines Mädchens" (ZDF)
TV-Tipp des Tages: "Tod eines Mädchens", 9. Februar, 20.15 Uhr im Zweiten
Eines Morgens wird am Strand einer beschaulichen Ostseeortschaft die Leiche einer 14-Jährigen gefunden. Das Mädchen ist offenbar erst erschlagen und dann ins Wasser geworfen worden.

Viele Zweiteiler leiden darunter, dass ihr komplexer Stoff zwar den Rahmen der üblichen 90 Minuten sprengen würde, für 180 Minuten jedoch nicht ergiebig genug ist. Reduziert man den ZDF-Krimi "Tod eines Mädchens" auf seinen Handlungskern, der im Grunde durch den Titel präzise wiedergegeben wird, mutet es fast absurd an, dass das Drehbuch für eine anscheinend übersichtliche Geschichte zwei Teile benötigt: Eines Morgens wird am Strand einer beschaulichen Ostseeortschaft die Leiche einer 14-Jährigen gefunden. Das Mädchen ist offenbar erst erschlagen und dann ins Wasser geworfen worden. In Kommissarin Hella Christensen (Barbara Auer) löst der Fall gleich in zweifacher Hinsicht äußerstes Unbehagen aus: Jennifer ist die Tochter ihrer besten Freundin Silke (Anja Kling); und da in dem kleinen Ort jeder jeden kennt, muss sie nun gegen ihre Nachbarn ermitteln. Zu allem Überfluss wird ihr auch noch die Leitung der Untersuchung entzogen: Die Dienststelle sollte eigentlich aufgelöst und Hella nach Kiel versetzt werden, aber nun kommt ihr neuer Chef (Heino Ferch) zu ihr; und der Mann scheint die Empathie eines Nashorns zu besitzen.

Schatten des Verdachts

Diese personelle Konstellation ist natürlich nicht sonderlich originell, und auch der weitere Handlungsablauf entspricht dem üblichen Krimimuster: Nach und nach geraten diverse Männer ins Visier der Polizei. Nun jedoch kommt ähnlich wie in verschiedenen dänischen Krimiserien die zeitliche Opulenz zum Tragen: Wo Verdächtige im gängigen Fernsehkrimi meist klischeehaft angelegt sind, weil sie ohnehin bloß der Ablenkung dienen sind, durften sich die beiden Drehbuchautoren Stefan Holtz und Florian Iwersen die Zeit nehmen, ihre Charaktere auszuloten. Auf diese Weise können auch die jeweiligen Motive vertieft werden, und da sich rasch rausstellt, dass die Männer auf irgendeine Weise alle Dreck am Stecken haben, kommen sie zumindest vorübergehend auch plausibel als Täter in Frage; zum Beispiel ein Hotelbesitzer (Gustav Peter Wöhler), der gern Fotos von weiblichen Teenagern macht, oder der Jagdaufseher (Johann von Bülow), auf dessen Auto die Beschreibung eines Zeugen passt. Selbst Jennis Vater (Jörg Schüttauf), dessen Fahrtenschreiber sein Alibi platzen lässig, kommt nicht ungeschoren davon, und schließlich fällt der Schatten des Verdachts sogar auf die Familie der Kommissarin.

Spätestens die imposante Besetzungsliste verdeutlicht, dass "Tod eines Mädchens" kein Krimi wie jeder andere ist; prägnante Momente haben neben den Genannten auch Hinnerk Schönemann, Rainer Bock und Nina Petri. Und nicht nur in den Rückblenden sorgt die junge Annika Schrumpf dafür, dass Jenni ein ebenso attraktives wie mysteriöses Rätsel bleibt. Von der Tiefe der Figuren profitiert auch Heino Ferch, denn der aus Frankfurt in den Norden versetzte Hauptkommissar Kessler trägt schwer an der Last eines wenige Monate zurückliegenden traumatischen Erlebnisses, das ihn einholt, als er scheinbar grundlos einen Mann erschießt.

Größten Anteil an der herausragenden Qualität von "Tod eines Mädchens" haben neben dem Autorenduo Regisseur Thomas Berger (Schöpfer von "Kommissarin Lucas") und Bildgestalter Frank Küpper. Bergers Verdienst ist die ausgezeichnete Führung der Darsteller sowie die Tatsache, dass der Krimi nicht eine Sekunde Leerlauf zu bieten hat; und Küpper findet mit seiner fließenden Kameraführung einen traumwandlerisch sicheren Mittelweg zwischen Dynamik und Ruhe. Den zweiten Teil zeigt das ZDF am Mittwoch.