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Zickzackkurs: Wer verdient am Kaffee?
Bevor Kaffee in unseren Tassen landet, hat er eine lange Überseereise hinter sich. Auf den Zwischenstationen verdienen viele ihr Geld: vor allem Grundbesitzer und Röster – und wir alle über die Steuer. Die Produzenten behalten selbst bei fair gehandeltem Kaffee nur fünf Prozent des Ladenpreises.

Rohkaffee wird auf dem Weltmarkt immer teurer. Dabei sind die "braunen" Bohnen nach Erdöl der zweitwichtigste Rohstoff im Welthandel. Behauptet jedenfalls der Kaffeeverband DKV in Hamburg: Allein Deutschland führe Rohkaffee im Wert von mehr als fünf Milliarden Euro ein. Jahr für Jahr. Hierzulande ist Kaffee das beliebteste Getränk – 150 Liter wird jeder Bundesbürger durchschnittlich in diesem Jahr trinken. In Amerika, Asien und Afrika leben mindestens 25 Millionen Menschen von den roten Kirschen; für viele Länder des Südens ist Rohkaffee zudem der größte Devisenbringer.

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Doch bevor der Kaffee in die Kanne kommt, hat er eine lange Überseereise hinter sich. Meist sind es kleine Bauern, die in mühsamer Handarbeit die Früchte ernten. Sie bilden das erste und schwächste Glied in einer globalen Logistikkette. Selbst bei vergleichsweise fair gehandeltem Kaffee kommt nur etwa fünf Prozent des Ladenpreises bei den Produzenten an. Bei normalen Massenkaffees sind es sogar nur drei bis vier Prozent, schätzt Albrecht Schwarzkopf von der Christlichen Initiative Romero, ein leidenschaftlicher Kaffeekenner (siehe ausführlich im evangelisch.de-Interview).

Schon in den Erzeugerländern kassieren andere ab: Großgrundbesitzer, Genossenschaftsbosse, lokale Zwischenhändler, Makler und Aufbereiter sacken etwa zehn Prozent des deutschen Ladenpreises ein. Die Bauern liefern nämlich ihre Ernten meist an einen einheimischen "Aufbereiter" ab. Diese Firmen holen in einem arbeitsintensiven Verfahren aus jeder knallroten Kaffeekirsche zwei grüne Bohnen heraus und trocknen sie für den wochenlangen Transport übers Meer. Kaffee wird fast ausschließlich in seiner Rohform exportiert – interkontinentaler Handel und Transport, Veredelung und Röstung bleiben meist Sache der Industriestaaten.

Fracht für Hamburg von der New Yorker Börse

Tatort Hamburger Hafen. Die zwei Lagerhallen im "Rosshafen", in denen – im Branchenjargon – "Spekulationskaffee" liegt, sind dem Vernehmen nach auch in diesem Februar vollgepackt. Gehandelt werden diese 60-Kilo-Säcke allerdings an den Kaffeebörsen in New York und London. "De facto ist nur ein Hundertstel des gehandelten Kaffees physisch vorhanden", spitzt Oliver Goetz die Rolle der Zocker zu. Goetz ist Geschäftsführer der behaglichen Rösterei "Alt Wien", die am Naschmarkt in der österreichischen Kaffee-Hochburg residiert.

"Spekulanten haben leider den größten Einfluss auf Kaffeepreise", ist Goetz überzeugt. Und für kleinere Importeure und Röster wie ihn könnte dies zutreffen: Sie kaufen auf dem kleinen freien Markt, den die großen Akteure übrig lassen – und dessen Preise richten sich nach den aktuellen Börsennotierungen. Und die verlaufen im Zickzackkurs, mit täglichem Auf und Ab.

Doch die Masse des Rohkaffees beziehen die Importeure direkt von Produzenten und Großhändlern in Afrika, Asien und Lateinamerika oder sie kaufen vor Ort auf Auktionen. Auch Goetz bezieht seinen würzigen Iapar-Rohkaffee, den er in seinem Rösterei-Cafe ausschenkt, geradewegs von einer Farm im brasilianischen Bundesstaat Espirito Santo. Andere Sorten muss er zum Weltmarktpreis im Zwischenhandel einkaufen.

Bioröster nutzen Profi-Logistik

Egal, ob Zick oder Zack, die Zwischenhändler gewinnen. Goetz, der "Demeter"- und "Fairtrade"-Kaffees über den Logistikgiganten Neumann im Hamburger Hafen importiert, lobt die kommerziellen Dienstleister: "Was man wirklich braucht, ist eine professionelle Logistik." Diese komme günstiger, als wenn man alles vom Schiffstransport über Zoll bis zur Sortierung selber mache. Etwa zehn Prozent des Ladenpreises entfallen auf die Lieferkette vom Aufbereiter im Süden bis zum Röster im Norden.

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Kaffeebohnen erhalten Aromen und ihre gewohnte Farbe erst durch den chemischen Umwandlungsprozess des Röstens. Größere Mengen rösten in Deutschland nur noch fünf Konzerne. Sie beherrschen mehr als 80 Prozent des Marktes. Neben der Schnäppchen-Ladenkette Tchibo sind dies die bremische Kraft-Food-Tochtergesellschaft Jacobs, Ex-Delikatessengeschäft Dallmayr in München und die Firma Melitta, die nach der Erfinderin des Papierfilters Melitta Bentz heißt. Der Fünfte im Oligopol – erst 2008 flog durch die Wettbewerbshüter sogar ein Kartell auf – ist ein Nachkömmling: der Discounter Aldi. Mindestens zehn Prozent des Ladenpreises landet in den Kassen dieser Industrieunternehmen.

Ein ganzes Viertel vom Kaffeekuchen nimmt sich dann üblicherweise noch der Einzelhandel. Wovon vor allem wieder die Röster profitieren. Auch hier zeigt der Trend nach oben: Seit dem Herbst steigen die Endverbraucherpreise spürbar: "Zwischen zwanzig Cent und zwei Euro für Espresso nehmen wir mehr", sagt die vertraute Verkäuferin im konzerneigenen Kaffeeladen in einem Hamburger Stadtteil. Schuld seien die schlechten Ernten und Finanzspekulanten, habe ihr die Firmenleitung erklärt. Dabei steckt die Rohware mit kaum fünf Prozent im Ladenpreis.

Dennoch, den größten finanziellen Nutzen vom globalen Handelssystem haben "wir" alle – mehr als ein Drittel des Kaffeepreises am Ende der Verwertungskette kassiert unser Fiskus. Zwei Milliarden Euro an Steuern werden wir bis Sylvester vertrunken haben. Zur Freude von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.