Foto: epd/Brigitte Vordermayer
"Mein Pfarrer" und "Mamas Pfarrer" - Sophie wird evangelisch
Im Alter von sechs Jahren entscheidet sich Sophie aus München, evangelisch zu werden. Mit Kritik an der katholischen Kirche hat das aber wenig zu tun; vielmehr mit einem netten Pfarrer und Freundin Luisa.
03.02.2015
epd
Brigitte Vordermayer

Nur Absagen und Wartelisten - als Sophies Eltern einen Kindergartenplatz für ihre dreijährige Tochter suchen, ist Mutter Doris Zenger, selbst katholisch, zunächst auf eine katholische Einrichtung fixiert. Doch als sie dort nicht fündig wird, fragt die Familie aus München auch bei einem evangelischen Kindergarten nach. Dort ist ein Platz frei, und so bekommt es Sophie mit den Protestanten zu tun.

"Jede Woche kommt der Pfarrer und singt mit uns und spielt Gitarre", erzählt die heute Sechsjährige. Singen und Gitarre, das findet Sophie gut. Auch den Gottesdiensten des Kindergartens kann das blonde Mädchen etwas abgewinnen. "Zweimal habe ich schon beim Krippenspiel mitgemacht", sagt sie und präsentiert ein Fotoalbum von sich in der Kirche, verkleidet als Schaf. "Das haben wir geschenkt bekommen, und Gummibärchen und eine Flöte", zählt sie auf.

Eine Grundethik vermitteln

Dass Sophie katholisch ist, ist in dem evangelischen Kindergarten kein Problem. Doch als die Anmeldung zur Grundschule ansteht, kommt die Frage auf, welchen Religionsunterricht sie besuchen will. "Da wurde die Konfession in unserer Familie zum ersten Mal zum Thema", erzählt Vater Stefan Eger.

Für Sophie war die Sache klar: Sie wollte bei "ihrem" Pfarrer und "ihrer" Kirche bleiben. "In der katholischen Kirche war ich ja nicht oft", sagt sie, und dass sie "Mamas Pfarrer" gar nicht kenne. Außerdem sei die Luisa auch evangelisch. Luisa ist Sophies Freundin. Die beiden wollen in dieselbe Klasse, am liebsten mit der Miriam. "Die Miriam ist noch katholisch", erklärt Sophie. Noch.

Schnell ist die Entscheidung gefallen. Mutter Doris Zenger hat kein Problem, nun die einzige Katholikin in der Familie zu sein, und auch Vater Stefan Eger sieht das pragmatisch. Ob eine katholische, evangelische oder städtische Einrichtung, ist ihm egal. "Ich finde es gut, wenn die Kinder eine Grundethik vermittelt bekommen und lernen, was gut ist und was schlecht", sagt er. Ansonsten sei das vor allem eine Sache des Kennens von Pfarrer und Kirche: "Um jetzt tiefer über die Unterschiede nachzudenken, sind die Kinder zu jung."

Übertritt von Kindern selten

Dass Kinder die Konfession wechseln, hält der Sprecher der bayerischen evangelischen Landeskirche, Johannes Minkus, nicht für ungewöhnlich. 2013 gab es 3.178 Eintritte in die Landeskirche. Wie viele davon Kinder waren, dazu gibt es ihm zufolge keine Statistik. Der Pressesprecher kennt das Phänomen aber aus seiner Zeit als Pfarrer: "Oft ist für Kinder der Grund ein sympathischer Religionslehrer oder ein toller Kindergarten."

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Laut Pfarrerin Elke Wewetzer von der Nürnberger Kircheneintrittsstelle ist Sophie durchaus eine Ausnahme. Im Dekanat Nürnberg treten pro Jahr 210 bis 260 Menschen in die evangelische Kirche ein, darunter ein bis sechs Kinder unter sechs Jahren. "Häufig sind das aber Fälle, in denen die Eltern ebenfalls übertreten", sagt Wewetzer. Dass Eltern nur für ihr Kind einen Konfessionswechsel veranlassen, komme seltener vor. Der größte Anteil der Menschen, die sich bei ihr für eine Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche entscheiden, ist zwischen 36 und 45 Jahre alt.

Sobald die Entscheidung für Sophies Übertritt gefallen ist, geht es schnell. Erst erledigt die Familie das bürokratische Umschreiben, dann kommt der Pfarrer zum Gespräch nach Hause. "Das war sehr interessant", sagt Stefan Eger. "Ich habe ein Geschenk bekommen, ein Buch mit Gebeten", erzählt Sophie.

In Ansätzen hat Eger mit seiner Tochter über katholische und evangelische Merkmale gesprochen. "Sophie, wie ist das mit den Frauen bei den Katholiken?" fragt er nach. "Frauen dürfen keine Pfarrer werden, und Pfarrer dürfen nicht heiraten", sagt Sophie auf: "Und die Katholiken haben den Papst." Gelernt hat die Sechsjährige offenbar etwas über Unterschiede zwischen den Konfessionen. Gründe für ihren Übertritt waren das aber nicht.