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TV-Tipp des Tages: "Tatort: Hydra" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Hydra", 11. Januar, 20.15 Uhr im Ersten
Nach der Ermordung eines stadtbekannten Rechtsextremisten gehört unter anderem eine Frau jüdischen Glaubens zu den Hauptverdächtigen, denn der Neonazi hat vermutlich ihren Mann zu Tode geprügelt. Das Ermittler-Team aus Dortmund ermittelt.

Die bislang vier "Tatort"-Filme mit dem Ermittler-Team aus Dortmund zeichneten sich durch zwei Merkmale aus: Sie waren ausnahmslos gut; und sie wollten alles andere als gefällig sein. Schon allein die Hauptfigur, der von Jörg Hartmann mit großer Intensität verkörperte dissoziale Hauptkommissar Faber, sorgte dafür, dass die Krimis polarisierten. Für "Hydra" gilt das erst recht, zumal der WDR seiner Tradition treu bleibt und ein heißes Eisen anpackt: Es geht um Rechtsextremismus, ein Thema, das in Dortmund leider Hochkonjunktur hat; entsprechend düster ist der Film ausgefallen. Aber auch im Detail begibt sich Jürgen Werner, der als Schöpfer des Teams alle bisherigen Drehbücher geschrieben hat, auf dünnes Eis: Nach der Ermordung eines stadtbekannten Rechtsextremisten gehört unter anderem eine Frau jüdischen Glaubens zu den Hauptverdächtigen, denn der Neonazi hat vermutlich ihren Mann zu Tode geprügelt.

Nähe und Distanz

Weil die Ermittler in den Krimis aus Dortmund stets auch persönlich involviert sind, spielt der Nachwuchs diesmal eine besondere Rolle: Der Bruder von Kommissar Kossik (Stefan Konarske) hat Freunde in der rechten Szene; und die türkischstämmige Kollegin Nora Dalay muss sich immer wieder von den Nazis provozieren lassen. Auch wenn sich Aylin Tezel einige Male mimisch etwas zu sehr ins Zeug legt: Diese Szenen sind von enormer Intensität und verbreiten äußerstes Unbehagen; erst recht, als sich mehrere vermummte Gestalten über die Polizistin hermachen und ihr ein Hakenkreuz auf den entblößten Bauch sprühen.

Durchs die Verbitterung des verwitweten Faber und die Liebelei zwischen Kossik und Dalay waren die Filme aus Dortmund ohnehin stets äußerst emotionsgeladen; diesmal leidet die junge Kommissarin auch noch unter den seelischen Folgen einer Abtreibung, die zum Ende der Beziehung geführt hat. Umso zwiespältiger ist das Verhalten Fabers, der sich bei Vernehmungen von der jungen Kollegin distanziert, um auf diese Weise das Vertrauen der Nazis zu gewinnen. Kossik wiederum steht wegen der Kontakte seines missratenen Bruders (Robert Stadlober) plötzlich als potenzieller Verräter da, denn die Nazis waren der Polizei immer einen Schritt voraus; offenbar gibt es eine "Ratte im Revier".

"Hydra" ist nicht nur die erste "Tatort"-Regie von Grimme-Preisträgerin Nicole Weegmann ("Ihr könnt euch niemals sicher sein"), sondern auch ihr erster Krimi. Mag sich die Spannung vor allem aus der emotionalen Intensität speisen, so lebt der Film trotzdem auch von der Frage, wer den Nazi erschossen hat; in Frage kommen neben der jüdischen Witwe, die eine Beratungsstelle gegen rechte Gewalt leitet, auch diverse andere Nazi-Größen. Die Suche nach dem Verräter in den Reihen der Polizei fügt eine weitere Spannungsebene hinzu.

Letztlich aber lebt der Film vor allem vom Talent Jörg Hartmanns und seiner Filmpartnerin Anna Schudt, der vierten im Bunde des Ermittlerquartetts. Ihr sparsames Spiel steht in wohltuendem Kontrast zum Engagement der fraglos talentierten Tezel: Wo die junge Kollegin großen physischen Aufwand betreibt, genügt der erfahrenen Schudt ein Zucken mit dem Augenlid. Mit welcher Sorgfalt der Film andererseits gestaltet ist, zeigt sich nicht zuletzt im Übergang vom Schlussbild zum Abspann.