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TV-Tipp des Tages: "Tag der Wahrheit" (Arte)
TV-Tipp des Tages: "Tag der Wahrheit", 8. Januar, 20.15 Uhr auf Arte
"Tag der Wahrheit" ist ein Thriller, der nicht nur die Gefahren der Kernkraft thematisiert, sondern auch explizite Kritik an den von der Politik geschützten Betreibern betreibt. Zentrale Figur der Geschichte ist ein ehemaliger Angestellter des französischen Kraftwerks Haut-Rhin in der Nähe von Freiburg.

Die Idee ist gut, die Ausführung noch besser: Für ein gemeinsames Fernsehfilmprojekt haben SWR und Arte nach einem Thema gesucht, das dies- wie jenseits des Rheins zwar die gleiche Brisanz hat, aber völlig unterschiedlich behandelt wird. Die Antwort lag beinahe auf der Hand: Seit der Katastrophe von Fukushima sind über die Hälfte der Deutschen für den Ausstieg aus der Kernenergie; in Frankreich sind es gerade mal 20 Prozent. Die Filme, die die beiden Sender in Auftrag gegeben haben, spiegeln diese Haltung in gewisser Weise wider: Der deutsche Beitrag ist ein düsterer Thriller, der explizit die Gefahren der Kernenergie thematisiert. Der Kontrast zur sonnendurchfluteten französischen Komödie "Das gespaltene Dorf", die Arte morgen zeigt, könnte kaum größer sein.

Ein Vertuschungsskandal unerhörten Ausmaßes

"Tag der Wahrheit" ist ein Thriller, der nicht nur die Gefahren der Kernkraft thematisiert, sondern auch explizite Kritik an den von der Politik geschützten Betreibern betreibt. Zentrale Figur der Geschichte ist ein ehemaliger Angestellter des französischen Kraftwerks Haut-Rhin in der Nähe von Freiburg: David Kollwein (Florian Lukas) stürmt die Schaltzentrale und legt den Kühlkreislauf lahm; die Folge wäre ein Super-Gau. Er fordert ein live im Fernsehen übertragenes Gespräch mit dem französischen Innenminister. Während der zuständige Kriminalkommissar Jean-Luc Laboetie (Benjamin Sadler) fieberhaft nach einer Möglichkeit sucht, wie der perfekt vorbereitete Eindringling überwältigt werden kann, findet die deutsche Staatsanwältin Marie Hoffmann (Vicky Krieps) nicht nur raus, was den Mann zu seiner Verzweiflungstat getrieben hat, sondern stößt auch auf einen Vertuschungsskandal unerhörten Ausmaßes.

Johannes W. Betz (zuletzt "Die Spiegel-Affäre") hat schon einige Vorlagen für packende TV-Thriller geliefert und dabei Fakten und Fiktion perfekt miteinander vermischt ("Marco W. - 247 Tage im türkischen Gefängnis", "Hindenburg"). Das gelingt auch hier sehr überzeugend, "Tag der Wahrheit" wirkt jederzeit plausibel und authentisch; die Kraftwerkszenen sind wie schon in "Restrisiko" (Sat.1) im nie in Betrieb gegangenen österreichischen AKW Zwentendorf entstanden. Der Film ist mit zwei Kameras gedreht worden (Bildgestaltung: Adrian Cranage). Seine enorme Dichte ist umso eindrucksvoller, weil ein derartiger Stoff für die vor einigen Jahren durch das tragikomische Drama "Max Minsky und ich" (2007) bekannt gewordene Regisseurin Anna Justice komplettes Neuland ist. War ihr Weihnachtszweiteiler "Pinocchio" (2013) noch auf der ganzen Linie enttäuschend, so imponiert ihr Thriller durch ein hohes und vor allem konsequent durchgehaltenes Spannungsniveau. Die Führung der Darsteller ist ausgezeichnet, die Szenen im Kraftwerk sind von großer Intensität. Obwohl Kollwein die meiste Zeit in der Schaltzentrale verbringt, gibt es ständige Schauplatzwechsel, so dass der Film sehr aufwändig und handlungsreich wirkt. Mutig ist wiederum die Zweisprachigkeit. Die Franzosen sprechen zwar mit Rücksicht auf die Juristin oft deutsch, aber viele Dialoge sind auch untertitelt.

Umso reizvoller ist die Besetzung der beiden weiteren Hauptrollen; die Luxemburgerin Vicky Krieps ("Elly Beinhorn") und Benjamin Sadler sind ähnlich sehenswert wie Florian Lukas als finster entschlossener Eindringling, der nichts zu verlieren hat. Wichtig für die Wirkung des Films ist auch die Tonspur. Gerade in den Kraftwerkszenen gibt es keinerlei akustischen Leerlauf, weil ab dem Moment der Besetzung permanent der Alarm ertönt.