Als evangelisch.de-Redaktion haben wir uns mit dem Videoclip #nichtinmeinemnamen zu "Pegida" positioniert. Das hat die Frage aufgeworfen: Wie stellen sich die Landeskirchen zu "Pegida"? Spricht man mit Sympathisanten oder gar den Anführern? Wir haben einige Landesbischöfe nach ihrer Meinung gefragt.
Jochen Bohl - Sachsen
epd-bild/Norbert Neetz
Jochen Bohl
Der Landesbischof der
Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (EVLKS), Jochen Bohl, vertritt die Auffassung, dass Kriegsflüchtlingen als Akt christlicher Nächstenliebe Zuflucht gewährt werden muss. Die Sorgen der Demonstranten solle man jedoch ernst nehmen und nicht vorschnell als rechtsextremistisch einstufen. Er ist aus diesem Grund auch dafür eingetreten, das Gespräch mit "Pegida" zu suchen.
Die Frage danach, wie kommuniziert werden soll, kann er jedoch nicht beantworten, da "Pegida" eher eine heterogene Bewegung sei, die sich weitgehend dem Gespräch verweigere.
Ilse Junkermann - Mitteldeutschland
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Ilse Junkermann
Ilse Junkermann glaubt an ein Versäumnis. "Die Schicksale der DDR-Bürger wurden von der Politik individualisiert", und damit nicht ernst genommen, sagt sie. Nun bekämen wir unter anderem die Rechnung dieser Menschen: "Viele derer, die bei 'Pegida' mitlaufen, fühlen sich entheimatet." Die Landesbischöfin der
Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKMD) plädiert für Gesprächsangebote in den Gemeinden, sollte es soweit kommen, dass "Pegida" auch auf dem Gebiet der EKMD demonstriert.
"Ich bin gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und spreche mich gegen die Sprechchöre und Parolen der Demonstranten aus", sagt Ilse Junkermann. Die EKMD als Institution hat sich bisher noch nicht darüber beraten, wie sie mit der Bewegung umgeht, falls es überhaupt zu Demonstrationen kommt.
Gerhard Ulrich - Nordkirche
epd-bild/Norbert Neetz
Gerhard Ulrich
###mehr-artikel### Die
Nordkirche ist da vielleicht schon einen Schritt weiter: In seiner
Weihnachtsbotschaft schreibt der Landesbischof der Nordkirche, Gerhard Ulrich: "Die 'Pegida'-Demonstrationen in Sachsen, einem Land mit einem Ausländeranteil von unter drei Prozent, empfinde ich als Schande - auch vor dem Hintergrund, dass in Deutschland der Dialog zwischen unterschiedlichen Religionen und Kulturen seit langem wach, offen und demokratisch fundiert geführt wird, dass die Würde des Menschen bei uns nicht nur in der Verfassung steht. Umso weniger Verständnis habe ich für jene Kräfte, die mit ihren ausgrenzenden Parolen das 'Abendland', das sie zu bewahren vorgeben, unsere freiheitliche Demokratie und die in unserer Verfassung verankerten Grundrechte eher in Frage stellen."
Manfred Rekowski - Rheinland
epd-bild/Norbert Neetz
Manfred Rekowski
Auch Manfred Rekowski, Präses der
Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) hat schon eindeutig Stellung bezogen. Gemeinsam mit Diakonie, Caritas und Katholischer Kirche hat die rheinische Landeskirche unter anderem
folgendes veröffentlicht:
Nordrhein-Westfalen sei ein "Zufluchtsland". Eine "das-Boot-ist-voll“-Rhetorik entspreche nicht den wahren Möglichkeiten. Notwendig sei vielmehr das entschlossene Zusammenwirken aller Akteure in Staat, Kirchen und Verbänden, Wirtschaft, Initiativen und Vereinen. "Wir nehmen die Herausforderung an, uns für die Aufnahme einer größeren Zahl von Schutzsuchenden bereit zu machen."
Volker Jung - Hessen und Nassau
"'Pegida' greift Vorurteile und diffuse Ängste auf", sagt Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), der auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der EKD ist. Niemand müsse in Deutschland eine Islamisierung fürchten. Muslime seien in Deutschland sehr gut integriert. Trotzdem seien "solche Ängste leicht aktivierbar".
Foto: epd-bild/Jens Schlüter
Volker Jung
"Deutschland hat seine dunkelste Zeit erlebt, als es anfing, nationalistisch und rassistisch zu denken", gibt Volker Jung zu bedenken. "Was wir brauchen, ist ein grundlegendes Ja dazu, dass Deutschland Zuwanderungs- und Zufluchtsland ist. Und wir brauchen dazu politische Konzepte. Was wir nicht brauchen, sind populistische Parolen, die Angst und in der Konsequenz auch Aggressivität und Gewalt schüren."
Der Kirchenpräsident fordert die verantwortlichen Initiatoren von "Pegida" auf, sich zu zeigen, nicht mit Parolen zu agitieren, sondern sich der Diskussion zu stellen. "Es sieht so aus, als seien die Pegida-Demonstrationen auch von Rechtsextremen gesteuert", sagt Volker Jung. "Besonders erschreckend ist für mich, dass hier die christlich-jüdische Kultur des Abendlandes gerettet werden soll und dabei fundamentale Werte dieser Kultur verletzt werden. Nächstenliebe und der Schutz der Fremden stehen im Zentrum dieser Kultur." Den Demonstranten, die am Montag in Dresden Weihnachtslieder singen wollen, empfiehlt er, "einmal gründlich darüber nachzudenken, um wen es in diesen Weihnachtsliedern geht: um das Kind in der Krippe, für das kein Platz da war, und das schnell zu einem Flüchtlingskind wurde".