Das Ganze liest sich wie eine Kabarettnummer - wenn es denn bloß ironisch gemeint wäre: Ein Krippenspiel vor einer Krippe auf dem Weihnachtsmarkt könne bei dessen Besuchern "zu Irritationen führen". Mit dieser Begründung hat die Stadt Worms einer Initiativgruppe von ChristInnen und Anti-Rechtsextremismus-Aktivisten um den evangelischen Pfarrer Fritz Delp die Aufführung eines Krippenspiels verboten, mit dem sie auch und vor allem auf die aktuelle Situation von Flüchtlingen hinweisen wollten.
Wenn es noch eines weiteren Belegs dafür bedurft hätte, wie weit sich das vorweihnachtliche Treiben auf deutschen Plätzen und Einkaufsstraßen tatsächlich vom Ursprung des Weihnachtsfests entfernt hat – dies wäre er. Es erinnert ein wenig an die Weihnachtspartys in den Großstädten des "religionsbefreiten" China.
Die Begründung des Mainzer Verwaltungsgerichts, das dieses Verbot in seiner Eilentscheidung bestätigt hat, setzt dem Ganzen allerdings die Krone auf: Die Aktion verletze die Rechte Dritter auf einen ungestörten Besuch des Weihnachtsmarktes. Das ist ungewollt entlarvend: Die Menschen, die den sogenannten WEIHNACHTSmarkt besuchen, sollen durch nichts vom Glühwein trinken und Schneekugeln kaufen abgehalten werden – erst recht nicht durch die Weihnachtsgeschichte und eine Flüchtlingsfamilie aus Nazareth.
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Wenn die Weihnachtsbotschaft allerdings eines schon immer war, dann eine Irritation. Eine Störung des Status Quo. Ein Versprechen für die Hoffnung auf eine bessere Welt. Und ein Aufruf, genau daran mitzuarbeiten und auch diese Botschaft weiterzutragen. Mit ein wenig Sarkasmus könnte man feststellen, dass sie diese Stör-Funktion in Worms nun wieder genau erfüllt. Nur bitte, liebe Stadt Worms, dann auch so konsequent sein und das Ganze nicht mehr Weihnachtsmarkt nennen.
Ein zweiter ärgerlicher Aspekt an diesem Urteil ist die Idee eines immer weltanschaulich neutralen öffentlichen Raums, die dahinter zu stehen scheint. Über kurz oder lang wird dann wahrscheinlich auch das Geläut der Kirchenglocken für die einkaufenden Passanten als unzumutbare Beeinträchtigung eingestuft werden.
Und das in einer Zeit, in der gleichzeitig in vielen Städten Deutschlands "Pegida"-Anhänger ungestört ihre intolerante Sicht der Dinge öffentlich verbreiten können, insbesondere in der Nähe von Weihnachtsmärkten und Einkaufsstraßen. Selbstverständlich dürfen sie das, im Sinne der Demonstrationsfreiheit. Aber umso unverständlicher ist das Verbot dieses Krippenspiels an diesem Ort.
Schlussendlich ist es doch so: Was übrig bleibt an der Krippe - in Worms und anderswo - wenn man die Menschen des Platzes verweist, sind nur noch Schafe.