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TV-Tipp des Tages: "8 Uhr 28" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "8 Uhr 28", 17. Dezember, 20.15 im Ersten
Katharinas ist Architekt und arbeitet daheim, die aufgeweckte Tochter ist ein Quell gemeinsamen Glücks, ihre Arbeit für einen angesehenen Kunsthändler füllt sie aus. Und doch weckt die zufällige Begegnung mit einem Fremden im Zug bislang ungeahnte Sehnsüchte.

Was treibt einen Menschen dazu, nicht bloß eine intakte, harmonische und von gegenseitigem Respekt geprägte Ehe, sondern gleich auch sein ganzes Familienleben aufs Spiel zu setzen? Im Film sind es meist die Männer, die außereheliche Bestätigung suchen und sich auf verhängnisvolle Affären einlassen. "8 Uhr 28" erzählt die Geschichte aus Sicht einer Frau. Kunsthistorikerin Katharina Schneider (Nadeshda Brennicke) führt ein eigentlich beneidenswertes Leben: Ihr Mann (Mark Waschke) ist Architekt und arbeitet daheim, die aufgeweckte Tochter ist ein Quell gemeinsamen Glücks, ihre Arbeit für einen angesehenen Kunsthändler füllt sie aus. Und doch weckt die zufällige Begegnung mit einem Fremden (Mehdi Nebbou) im Zug bislang ungeahnte Sehnsüchte.

Exotischer Charme

Katharina weiß selbst nicht, wie ihr geschieht, dabei hat sie die Erklärung mit einem Zitat des russischen Dichters Puschkin längst selbst formuliert: "Gewohnheit ist ein Himmelsschatz, des Glückes wirksamer Ersatz". Die Fallhöhe ergibt sich durch das rundum positiv geschilderte Beziehungs- und Familienleben der Schneiders. Katharina hat keinen offenkundigen Grund zur Unzufriedenheit, Ehemann Christoph ist aufmerksam und einfühlsam, allen geht’s gut. Aber dann schüttet sie auf dem Weg zur Arbeit einem Mann Kaffee über den Mantel und stellt am nächsten Tag, als sie wie jeden Morgen um 8 Uhr 28 den Zug nach Hamburg nimmt, überrascht fest, dass sie Ausschau nach ihm hält.

Nadeshda Brennicke, mit ihrem flirrenden Spiel nicht immer glücklich besetzt, passt zu dieser Rolle perfekt. Eines unübersehbaren Signals wie dem Wechsel der Frisur – anfangs trägt sie ihre Haare zu einem Dutt verknotet, nach der Begegnung im Zug offen – hätte es gar nicht bedurft; sie vermittelt den Wandel Katharinas buchstäblich spielerisch. Auch die beiden Männer passen prima zu ihren Rollen. Mark Waschke, ein durchaus viriles Mannsbild, könnte man sich genauso gut in der Rolle des Versuchers vorstellen. Mehdi Nebbou, der schon Anneke Kim Sarnau in einem Münchener "Tatort" ("Die Heilige") überzeugend den Kopf verdrehte, ist mit seinem exotischen Charme ein äußerst glaubwürdiger Verführer, zumal er in Katharina neben der Lust aufs Verbotene auch handfest körperliche Gelüste weckt. Dass es sich dabei mitnichten um Sex, sondern um den vergleichsweise banalen Verzehr der beim Gatten verpönten Currywurst handelt, ist bloß eine von vielen lebensnahen Ideen in Sebastian Schuberts Drehbuch. Diverse namhaft besetzte Nebenfiguren (Naomi Krauss als Alexanders blinde Schwester, Christine Schorn als Katharinas Mutter, Arthur Brauss als Kunstsammler) verleihen der Geschichte zusätzliche Vielschichtigkeit.

Inszeniert hat dieses romantische Drama Christian Alvart. Der Film ist bereits vor vier Jahren im Auftrag des NDR entstanden, also noch vor Alvarts "Tatort"-Krachern mit Til Schweiger; offenbar wollte der Regisseur nach Genre-Filmen wie dem blutigen Thriller "Antikörper" oder dem Weltraumfilm "Pandorum" mal was völlig anderes machen. Hier beweist er viel Feingefühl in der Führung der Darsteller. Einige ungewöhnliche Kameraperspektiven, etwa aus der extrem vertikalen Draufsicht oder aus der subjektiv unmöglichen Perspektive des Kaminfeuers, sorgen andererseits mehrfach dafür, dass sein Film unterschwellig den Eindruck der objektiven Fallstudie vermittelt.