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TV-Tipp des Tages: "Polizeiruf 110: Hexenjagd" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Polizeiruf 110: Hexenjagd", 14. Dezember, 20.15 Uhr im Ersten
"Hexenjagd" spielt an einer Schule. Die Auftaktszene zur eigentlichen Geschichte zeigt eine zehnte Klasse, in der eine junge Referendarin völlig überfordert ist. Die resolute Schulleiterin komplimentiert sie kurzerhand hinaus.

Zu Beginn dieses ganz hervorragenden "Polizeiruf" aus Potsdam ertönt "I Don’t Like Mondays" von den Boomtown Rats. Die Auswahl ist garantiert kein Zufall: Der Ausspruch, der Bob Geldof zu dem Song inspiriert hat, stammt von einer damals 16 Jahren Amerikanerin, die 1979 zwei Männer erschossen und neun weitere Personen verletzt hatte. Der Satz war ihre Antwort auf die Frage eines Journalisten, der wissen wollte, warum sie das getan habe. Auch "Hexenjagd" spielt an einer Schule. Die Auftaktszene zur eigentlichen Geschichte zeigt eine zehnte Klasse, in der eine junge Referendarin völlig überfordert ist. Die resolute Schulleiterin komplimentiert sie kurzerhand hinaus. Als sich die beiden Frauen später im Büro der Rektorin treffen, explodiert eine Bombe.

Was lange währt, wird endlich Wut

Der Schockmoment ist ein echter Knalleffekt, zumal Angelina Maccarone den Film sehr sorgfältig, aber beinahe betont unauffällig inszeniert hat; sieht man davon ab, dass einige Außenaufnahmen wirken, als habe eine gute Seele dem Team umsonst einen Kamerakran zur Verfügung gestellt (Bildgestaltung: Florian Foest). Ansonsten aber konzentriert sich die Regisseurin konsequent auf eine angemessene Umsetzung der sorgfältig erzählten Geschichte. Die Spannung des Krimis resultiert natürlich aus der Frage, wer für den Anschlag verantwortlich sein könnte. Dass sie tatsächlich bis kurz vor Schluss völlig offen bleibt, verdankt "Hexenjagd" den ausgezeichneten Figurenentwürfen. Autorin Kristin Derfler scheut dabei zwar auch vor Klischees nicht zurück, sorgt aber immer wieder dafür, dass die handelnden Personen überraschende Seiten zeigen; der Schulhausmeister zum Beispiel entpuppt sich nicht nur als angehender Doktor der Philosophie, sondern auch als Geliebter der Rektorin. Ansonsten aber hätten alle Beteiligten sehr überzeugende Motive für den Anschlag, der zweifelsfrei der von Corinna Kirchhoff als betont überlegene, fast herrische Frau verkörperten Schulleiterin galt. Sie ist zwar bei Schülern und Lehrern gleichermaßen verhasst, aber bei einigen sitzt der Zorn besonders tief; was lange währt, wird endlich Wut.

Die jungen Schauspieler sind genauso ausgezeichnet geführt wie die kaum bekannten älteren, so dass dieser "Polizeiruf" aus Potsdam keinerlei Schwachstelle hat, aber dafür zwei ganz besondere Stärken: Maria Simon und Horst Krause ergänzen sich sowohl als Ermittler-Team wie auch darstellerisch ganz hervorragend.

Dank Simons Ausstrahlung kann es sich Maccarone sogar leisten, die Kommissarin bloß beim Denken zu zeigen. Ausgesprochen schade, dass das Ende des ungleichen Duos absehbar ist: "Hexenjagd" ist der vorletzte gemeinsame Fall für den dicken Krause und seine junge Chefin.