Die Show, die am Samstagabend aus Nürnberg zum letzten Mal gesendet wird, ist nicht irgendeine Samstagabendshow. Gut drei Jahrzehnte lang war "Wetten, dass..?" für viele Deutsche der Inbegriff der Fernsehunterhaltung und für das ZDF ein verlässlicher Quotenbringer. Frank Elstner, Erfinder der Show, und Moderator Thomas Gottschalk, der fast 25 Jahre lang - mit einer Unterbrechung - das Gesicht der Sendung war, zählten zu den Unterhaltungstitanen der Republik.
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"Wetten, dass..?" war die Show der Superlative, die größte Fernsehshow Europas, das ZDF verkaufte das Format sogar in die USA und nach China.
An der Entwicklung der Marktanteile der Show, die am 14. Mai 1981 gestartet wurde, lässt sich aber auch die Fragmentierung des Fernsehmarktes in den vergangenen 33 Jahren ablesen: Immer mehr Sender zielen auf immer kleinere Publika. Erreichte "Wetten, dass..?" in den 80ern in der Spitze noch bis zu 23,4 Millionen Zuschauer, wurde es für Gottschalk in den 90ern schon schwer, so viele Getreue vor dem Bildschirm zu versammeln. Die Privatsender hatten sich inzwischen etabliert. Gottschalks Quotenrekord lag 1992 bei 21,5 Millionen Zuschauern, Ende der 90er waren es noch einmal 18,1 Millionen.
Nach der Jahrtausendwende wurde es noch schwieriger: Ab 2002 trat RTL mit "Deutschland sucht den Superstar" gegen "Wetten, dass..?" an. Als Markus Lanz die Sendung im Oktober 2012 übernahm, hatte er bei seinem Einstand noch 13,6 Millionen Zuschauer, im Februar dieses Jahres waren es nur noch 5,85 Millionen.
Gottschalks Schatten - und das Internet
Lanz musste in den vergangenen zwei Jahren nicht nur gegen den übergroßen Schatten Gottschalks anmoderieren, der mit "Wetten, dass..?" in einer einzigartigen Symbiose verwachsen war, er musste sich auch gegen die Konkurrenz vieler neuer Sender und vor allem des Internets behaupten. Die Zeit der großen Samstagabendshow, auf die sich die ganze Familie einigen konnte, ist vorbei.
Jüngere sehen lieber, wenn sich Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf bei ProSieben ein "Duell um die Welt" liefern. Allenfalls auf den "Tatort" am Sonntagabend in der ARD können sich jedes Wochenende noch zehn Millionen Zuschauer verständigen.
Als im April angekündigt wurde, dass "Wetten, dass..?" im Dezember eingestellt werden soll, sagte der Medienforscher Lutz Hachmeister dem Sender "Deutschlandradio Kultur", er halte die Show schon lange für überlebt. "Wetten, dass..?" sei "Retro-Fernsehen". Das ZDF habe sich zu lange auf den großen Tanker verlassen und zu wenig Neues ausprobiert.
Bei aller Kritik, die sich in den vergangenen Monaten auf den Moderator Lanz konzentrierte, darf nicht vergessen werden, dass auch Thomas Gottschalk als Showmaster viel Kritik einstecken musste. Immer wieder hieß es, er sei schlecht vorbereitet und interessiere sich weder für die Wettkandidaten noch für die prominenten Gäste. Hinzu kamen diverse Schleichwerbeskandale, weil Gottschalk allzu auffällig in der Show Produkte und Unternehmen anpries, die sein Bruder Christoph an die Sendung vermittelt hatte.
Nur 13 Prozent vermissen "Wetten, dass..?"
Der Unterhaltungschef des ZDF, Oliver Fuchs, hatte im April 2014 jedenfalls keine Mühe, die Entscheidung zu begründen, "Wetten, dass..?" einzustellen. Er habe das Gefühl, dass sich die Trauer über das Ende der Show in Grenzen halte, sagte er. Eine aktuelle Umfrage des "Sterns" bestätigt Fuchs, der den Sender inzwischen verlassen hat, in dieser Einschätzung: Nur 13 Prozent der Deutschen sagten, dass sie "Wetten, dass..?" vermissen werden.
Es bleiben die Erinnerungen an große (und lange) Fernsehabende mit unglaublichen Wetten von Baggern, Feuerwehrleitern und Buntstiften. Und die Erinnerung an den Moment, der das Ende von Thomas Gottschalks Zeit bei "Wetten, dass..?" einleitete - den tragischen Unfall von Samuel Koch im Dezember 2010. In der letzten Sendung am Samstag wird Samuel Koch übrigens dabei sein.
Im Februar 2011 sagte Thomas Gottschalk dann zu seinem Abschied: "Wir alle sind nur Spuren im Sand. Es läuft Wasser drüber und es kommen andere Spuren." Am Samstag kommt die letzte große Welle, die "Wetten, dass..?" fortspült. Bei einigen Zuschauern schwimmt dann vielleicht auch ein bisschen Wehmut mit, dass das große Illusionsmedium Fernsehen an Zauber verloren hat. Der größere Teil der Zuschauer wird sich aber hinterher "Wetten, dass..?"-Höhepunkte auf YouTube anschauen - wenn sie sich denn finden lassen. Denn einen eigenen Kanal hat Deutschlands ehemals beliebteste Fernsehsendung auf der größten Plattform für bewegte Bilder nicht.