Ein Linienflug von München nach Berlin. Die Geschäftsmänner- und -frauen in ihren dunklen Uniformen blicken blass und in sich gekehrt auf ihre Handys, Laptops oder in ihre Zeitung. Alexander Dill möchte nicht mehr ständig solche Situationen erleben. "Wir sind funktionierendes Herdenvieh", sagt er. Er steht auf und ruft: "Kinder, ihr seid doch kein Schlachtvieh, Lächelt doch mal." Ein paar Männer lächeln tatsächlich. Jeder kämpfe für sich um sein Gehalt, um sein Geschäft und darum, seine Familie zu ernähren. "Das eint uns doch", sagt Alexander Dill.
Bevor Alexander Dill mit seiner Online-Befragung begann, ging er in verschiedenen deutschen Städten mit seinen Mitarbeitern auf die Straße und befragte die Menschen in Gesprächen nach ihrer persönlichen Einschätzung. Doch da das persönliche Gespräch die Angaben verfälschen könne, setzen Alexander Dill und sein Team vom "Basel Institute of Commons and Economics" auf die Online-Befragung. In 300 von 8.202 Postleitzahl-Bezirken in Deutschland haben sie schon Teilnehmer für die Umfrage erreichen können.
Wie freundlich sind die Menschen in ihrer Umgebung? Wie hilfsbereit sind wir miteinander? Vertrauen wir den Menschen, die uns in unserer Nachbarschaft begegnen oder hegen wir Angst oder Misstrauen ihnen gegenüber? Sind wir uns gegenseitig egal oder stehen wir füreinander ein? Mit den Antworten will Alexander Dill eine Deutschlandkarte der Freundlichkeit erstellen, einen so genannten "Sozialklimaindex".
"Ein Staat ist in einer guten Situation, wenn die Menschen miteinander solidarisch sind"
Den ersten Ergebnissen zufolge empfinden sich die Menschen in Gelsenkirchen gegenseitig als besonders hilfsbereit, freundlich und vertrauensvoll. In München und Frankfurt-Niederrad spricht hingegen eher die soziale Kälte aus den Zahlen. "Warum soll man nur die Arbeitslosenquote, Autounfälle und das Pro-Kopf-Einkommen messen?", fragt Alexander Dill. Man könne doch auch darauf schließen, dass ein Staat in einer guten Situation sei, wenn die Menschen untereinander solidarisch sind.
Ein Ziel sei, ein Umdenken zu erreichen: "Wenn ich mir als Münchner darüber klar werde, dass die Menschen in der U-Bahn nicht lächeln, dann fange ich vielleicht selbst damit an." Alexander Dill möchte Gespräche über die Seelen der deutschen Städte initiieren. Er möchte neugierig machen auf die Frage: was kann ich selbst dafür tun, dass die Stadt, in der ich lebe, freundlicher wird? Vielleicht muss man sich in der U-Bahn ja gar nicht wie ein Galeeren-Sklave fühlen?
Bis zum 31. Januar 2015 können Sie anonym und schnell mitmachen.