iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Zeit der Zimmerbrände" (Arte)
TV-Tipp des Tages: "Zeit der Zimmerbrände", 5. Dezember, 20.15 Uhr auf Arte
Einst eine große Nummer als Eishockeytrainer in Kanada, steht Harry Zoppke nach dem Abstieg seiner Mannschaft nun ohne Job da und muss sehen, wo er bleibt. Bei der Rückkehr in seine Heimatstadt Freiburg trifft er auf den vaterlosen Benny. Er hält Harry für seinen Erzeuger.

Auch wenn man als Mann nicht wie die Jungfrau zum Kind kommen kann: "Zeit der Zimmerbrände" erzählt eine Geschichte, in der exakt dies passiert. Eishockeytrainer Harry (Uwe Ochsenknecht) kehrt nach 15 Jahren in Kanada und dem Abstieg seines College-Clubs nach Deutschland zurück und wird plötzlich Papa: Ein früherer Schützling, Benny (Christoph Letkowski), ist überzeugt, Harry sei der Vater, aus dessen Identität seine verstorbene Mutter immer ein Geheimnis gemacht hat. Der junge Mann ist überglücklich; Harry bringt es nicht übers Herz, ihm zu gestehen, dass er unmöglich sein Erzeuger sein kann. Benny blüht regelrecht auf und holt mit seinem vermeintlichen Vater die Pubertät nach; auch Harry, nach seiner Entlassung ohne berufliche oder persönliche Perspektiven, freut sich, mit Benny und seiner Freundin Britta (Jytte-Merle Böhrnsen) plötzlich eine Familie zu haben. Als er sich auch noch in Anna (Marie-Lou Sellem) verliebt, scheint sein Glück perfekt; bis die Wahrheit ans Licht kommt.

Alle bleiben auf der Strecke

Der Stoff klingt nach Komödie, und tatsächlich verkörpert Uwe Ochsenknecht seinen Harry mitunter als komisch verzweifelten Mittfünfziger. Die Qualität des Drehbuchs der vierfachen Grimme-Preisträgerin Beate Langmaack ("Guten Morgen, Herr Grothe", "Blaubeerblau") liegt jedoch in seiner Vielschichtigkeit. Im Grunde ist die Geschichte ein Drama, in dessen Verlauf alle Beteiligten auf der Strecke bleiben: Harry verliert Anna, weil die nach einer unglücklich verlaufenen Beziehung nie wieder mit einer Lügen leben will. Benny verliert Britta, weil sich das Paar entfremdet, während er pubertiert; und weil er die Wahrheit selbst dann nicht akzeptieren will, als Britta sie sogar belegen kann. Selbstredend sagt sich schließlich auch der "Sohn" vom "Vater" los.

"Zeit der Zimmerbrände" ist jedoch ein Weihnachtsfilm, weshalb die Geschichte trotzdem noch irgendwie gut ausgeht. Allerdings erstreckt sich die Handlung exakt über ein Jahr, und das führt zu einem nicht zu übersehenden Manko des Films: Die großen zeitlichen Sprünge stellen Unterbrechungen dar, von denen sich der Fluss der Erzählung nur mühsam erholt (Regie: Vivian Naefe). Immerhin ist die Weihnachtszeit mehr als bloß ein Vorwand für entsprechende Dekorationen: Harry kehrt kurz vor Heiligabend in seine alte Heimat nach Freiburg zurück. Dass er Anna kennen lernt, hat er ihrer Feiertagsallergie zu verdanken: Sie arbeitet in der Leitstelle der Feuerwehr; Weihnachten ist für sie die "Zeit der Zimmerbrände und der Selbstmorde". Nach den nächsten Zeitsprüngen ist erst Ostern und dann Sommer, von Zimmerbränden kann also keine Rede mehr sein. Dafür akzeptiert Anna irgendwann Harrys Entschuldigung, und am Ende schließt sich der Kreis: Wieder nähert sich das Fest der Liebe, wieder findet sich eine Familie zusammen.

Dass der Film die Unterbrechungen relativ schadlos übersteht, liegt vor allem am gut zusammengestellten Ensemble. Die Darsteller passen prima zu ihren Figuren und funktionieren als Paare ausgezeichnet. Gerade die Szenen mit Letkowski und Ochsenknecht machen großen Spaß, erst recht, als Benny und Harry nachts in Eisstadion einbrechen und prompt von der Polizei überrascht werden. Derartige Details, mit denen Rollen und Handlung Tiefe bekommen, hat der Film immer wieder zu bieten; Benny zum Beispiel ist erfolgreicher Produzent von Scherzartikeln und bietet Harry einen Job an, aber der kann mit dieser Branche überhaupt nichts anfangen.

Völlig überflüssig ist dagegen ein Gastauftritt von Jeanette Hain als leichtes kanadisches Mädchen, das deutsch mit pseudo-amerikanischem Akzent spricht. Umso erfrischender ist Jytte-Merle Böhrnsen, die mit ihrer natürlichen Art eine besondere Note in diesen Film bringt; sie hat schon zuletzt in dem Kinofilm "Großstadtklein" gezeigt, dass sie unbedingt Hauptrollen verdient hat. Und dann ist da noch Freiburg: Die Stadt im Breisgau erweist sich auch diesmal wieder als sehenswerter Schauplatz.