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TV-Tipp des Tages: "Lena Fauch: Vergebung oder Rache" (ZDF)
TV-Tipp des Tages: "Lena Fauch: Vergebung oder Rache", 1. Dezember, 20.15 Uhr im Zweiten
Günther Jankowsky, ein Mann um die dreißig, der noch bei seiner Mutter lebt, hat gestanden, eine junge Frau vergewaltigt und ermordet zu haben. Sein Anwalt hat allerdings einen Verfahrensfehler entdeckt.

Der österreichische Grimme-Preisträger Johannes Fabrick ("Der letzte schöne Tag") hat in den letzten Jahren für einige der besten deutschen Fernsehfilme gesorgt. Nur wenige Regisseure verstehen es derart gut, emotionalen Tiefgang zu vermitteln, ohne dabei je ins Pathos abzugleiten. Und noch etwas haben Werke wie "Wenn es am schönsten ist" oder "Pass gut auf ihn auf" miteinander gemeinsam: Versöhnlich enden Fabricks Melodramen praktisch nie. Das gilt auch für seine zweite Regiearbeit innerhalb der ZDF-Reihe "Lena Fauch". Die Polizeiseelsorgerin muss sich naturgemäß regelmäßig mit den Schattenseiten des Daseins beschäftigen, und womöglich ist die Besetzung mit der Titelrolle mit Veronica Ferres sogar ein Glücksfall: Die Schauspielerin legt ein bisschen viel Trauerflor in ihre Stimme und spielt die Hauptfigur fast etwas linkisch, so dass es mitunter wirkt, als fühle sich die Pfarrerin nicht wohl in ihrer Haut, was durchaus zur Rolle passt.

Im Eifer des Gefechts

Trugen die ersten beiden Filme, "Lena Fauch und die Tochter des Amokläufers" (Regie: Kai Wessel) sowie "Gefährliches Schweigen" (Fabrick) zumindest in Teilen Züge eines Krimis, so ist "Vergebung oder Rache" pures Drama: Günther Jankowsky, ein Mann um die dreißig, der noch bei seiner Mutter lebt, hat gestanden, eine junge Frau vergewaltigt und ermordet zu haben. Sein Anwalt hat allerdings einen Verfahrensfehler entdeckt: Der zuständige Kommissar (Stephan Kampwirth) hat im Eifer des Gefechts vergessen, den Verdächtigen über seine Rechte zu belehren. Das Geständnis ist daher wertlos, der Anwalt plädiert auf unschuldig, der Mann wird freigesprochen; für die Eltern des Opfers ein weiterer Schock. Vor allem der Vater, Frank Weingartner (Felix Vörtler), will das Urteil nicht hinnehmen.

Zunächst ist die Seelsorgerin gewissermaßen bloß Begleiterin der Geschichte, weil sie die Eltern betreut, aber nach dem Freispruch wird sie mehr und mehr hineingezogen, zumal auch der Kommissar Zuspruch braucht. Fauch sieht sich daher gleich zweifacher Belastung ausgesetzt: Einerseits leiden alle Betroffenen unter Selbstvorwürfen, andererseits will sie natürlich verhindern, dass der Vater Selbstjustiz übt. Die Frage, ob Jankowsky doch noch überführt werden kann, rückt mehr und mehr in den Hintergrund.

Fabrick inszeniert den Film mit der für ihn typischen Zurückhaltung, die den Figuren und ihren Darstellern dafür umso mehr Raum lässt. Gerade Felix Vörtler verkörpert den erschütterten Weingartner zwar mit sparsamen Mitteln, aber enorm glaubwürdig. Gleiches gilt für Sylvana Krappatsch, zumal sich Mutter Weingartner unmittelbar schuldig fühlt und später versucht, sich das Leben zu nehmen.

Zunehmend interessant ist auch die Rolle des mutmaßlichen Mörders, den Lasse Myhr sehr abgründig verkörpert. Zunächst nimmt man ihn kaum wahr, weil Jankowsky vor Gericht kein einziges Wort sagt. Als die Theologin ihn im Gefängnis aufsucht, trägt er ein ironisches Lächeln zur Schau. Später lernt man seine Mutter etwas näher kennen, und nun zeigt sich, warum der Mann im Grunde die tragische Figur der Geschichte ist: So ähnlich hat man sich einst die Mutter von Norman Bates ("Psycho") vorgestellt.