Was ist eigentlich konkret gemeint mit "Kommunikation des Evangeliums"? Was soll wie kommuniziert werden?
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Detlef Klahr: Jemand hat einmal gesagt: "Man kann nicht nicht kommunizieren"*. Kommuniziert wird immer. Und "Kommunizieren des Evangeliums" bedeutet schlicht gesagt: Die Botschaft weitersagen, an die wir glauben, nämlich dass Jesus Christus für uns in diese Welt gekommen ist, dass Gott uns liebt und wir aus dieser Zusage unser Leben gestalten. Das möchten wir in dieser Welt weitersagen, nicht nur mit Worten, sondern auch mit dem, wie wir in dieser Welt agieren, das Evangelium hineintragen in die Welt, auf vielfältige Weise kommunizieren.
Und wie stellen Sie sich das im Internet vor?
Klahr: Das geschieht ja ohnehin schon im Internet. Wir haben bereits viele Leute in unseren Kirchen, die das Evangelium in die Social Media hineintragen. Das kann der bloggende Pfarrer sein, der seine Sonntagspredigt vorbreitet und die Gemeinde daran beteiligt. Das kann der Jugendleiter sein, der seine Jugendlichen auf diesem Wege zum nächsten Treffen einlädt,oder die bloggende Kirchenvorsteherin, die dort ihre Meinung sagt und mit anderen diskutiert. Es gibt viele Möglichkeiten, man könnte das noch beliebig weiter fortführen. Wir sind ja schon in den Social Media und im Internet unterwegs, keine Frage.
In der Kundgebung und auch in Ihren Antworten heißt es immer "die evangelische Kirche" und "wir". Wer ist denn gemeint mit "wir"?
Klahr: Mit "wir" sind die Synodalen gemeint, die diesen Kundgebungstext verabschiedet haben.
Wie soll es weitergehen, nachdem die Synode der – veränderten – Kundgebung zugestimmt hat? Wer ist dann dafür zuständig, das alles umzusetzen? Der Rat der EKD? Die Landeskirchen? Die Gemeinden? Welche Ebene soll aktiv sein?
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Klahr: In dem Text sind einfach Themen benannt, die im Bereich "Kommunikation des Evangeliums" und "digitale Gesellschaft" im Augenblick für uns wichtig sind. Es soll ein Impuls sein hinein in unsere Kirchen. Wenn wir ein Papier haben, das zunächst mal zeigt: Wir nehmen das Thema wahr, wir haben dafür sensibilisiert, wir sehen Probleme, wir haben viele Fragen, wir sind aufmerksam geworden auf Themen, um die man sich künftig kümmern muss, dann sind das Impulse, die möglichst in alle Ebenen unserer kirchlichen Organisation bis in die Gemeinden hinein weiter gereicht werden sollten. Das tun natürlich die Synodalen, die unsere Kirche auf vielfältige Weise leiten. Außerdem steht die Kundgebung im Internet, so dass auch andere die Themen wahrnehmen können, mit denen wir uns in diesen Bereichen "Kommunikation des Evangeliums" und "digitale Gesellschaft" beschäftigen müssen.
Auf evangelisch.de wurde der Kundgebungsentwurf vorab schon diskutiert. Da gab es welche, die sagten: Jemand, der das Evangelium kommuniziert, muss ordiniert – also Pfarrer/in – sein. Was meinen Sie dazu?
Klahr: Man muss dafür nicht ordiniert sein. Nach reformatorischem Verständnis darf jeder Mensch, jeder Christ, jeder Glaubende in jedem Beruf, in jeder Situation seines Lebens von seinem Glauben an Jesus Christus erzählen. Dazu muss man nicht ordiniert sein. Jede und jeder ist dazu aufgerufen - in jedem Beruf. So hat Martin Luther das Priestertum aller Getauften verstanden: Alle können das Evangelium weitersagen. Die Ordination ist eine Möglichkeit der Kirche, bestimmte Menschen mit einem besonderen Auftrag zu versehen und zu sagen: Du hast hier die Aufgabe, für eine Gemeinde das Predigtamt, das Darreichen der Sakramente und die Seelsorge wahrzunehmen.
"Das Leben in einer Gesellschaft bedeutet immer, dass Christinnen und Christen in allen Lebensbereichen Zeugen ihres Glaubens sind"
In der Kundgebung ist trotzdem von Kompetenz und Bildung die Rede. Was muss man denn können, um im Internet das Evangelium zu kommunizieren?
Klahr: Die Grundvoraussetzung ist, dass man in seinem Glauben sprachfähig ist. Was nützt es zu sagen: "Ich glaube, aber ich weiß nicht, wie ich anderen davon erzählen kann?" Eine Sprachfähigkeit im Glauben hat immer auch mit Bildung zu tun. In Hinsicht der Nutzung digitaler Medien gibt es in vielen Gemeinden Berührungsängste – immer noch – einfach aus Unwissenheit. In diesem Bereich meint Bildung die Fähigkeit, damit umzugehen und zu erkennen, welche Chancen digitale Kommunikation beinhaltet – aber auch, welche Gefahren oder welche Grenzen es dort gibt. Das würde ich hier unter "Bildung" verstehen.
Würden Sie sagen, die EKD soll sich für diese Bildungsangebote zuständig fühlen?
Klahr: Ja, die EKD tut ja schon viel dafür, dass Menschen befähigt werden, sprachfähig im Glauben zu sein. Ich glaube aber, dass sie das verstärkt auch in den Bereichen Internet und Social Media tun sollte. Da sind nun verschiedene Vorschläge von der Synode gekommen. Vielleicht im Sinne einer Akademie für Social Media, die Weiterbildung in diesem Bereich anbietet, so dass Menschen dazu befähigt werden – ohne Ängste und ganz frei.
Ist die Kundgebung so zu verstehen, dass die EKD diesen ganzen Prozess, wer wann wo wie das Evangelium im Internet kommuniziert, steuern möchte? Oder sagen Sie: Es macht sowieso jeder, was er will, und das kann man nicht steuern.
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Klahr: Nein, das kann man nicht steuern. Das wäre auch nicht im Sinne der EKD und das sollte auch niemand wünschen. Es geht nicht darum, das zu steuern, sondern Menschen dazu zu befähigen, sich an der Kommunikation des Evangeliums zu beteiligen. Ich habe ja vorhin schon gesagt: Kommuniziert wird immer, auch der Glaube – und ich hoffe, auch sehr viel und sehr reichhaltig im Internet, in den Social Media – aber nicht nur da. Wir dürfen nicht der Gefahr unterliegen, von einer "digitalen Gesellschaft" zu reden und damit nur Internet und Social Media zu meinen. Sondern wir müssen erkennen, dass es um eine kulturelle Veränderung geht. Wir leben in einer digitalen Gesellschaft, die alle Lebensbereiche umfasst. Das Leben in einer Gesellschaft bedeutet immer, dass Christinnen und Christen in allen Lebensbereichen Zeugen ihres Glaubens sind. Darum geht es: Um die Befähigung, vom eigenen Glauben in einer sich verändernden Gesellschaft fröhlich zu erzählen.
* Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson. Menschliche Kommunikation. Bern Stuttgart Wien 1969, S. 53