Digital und analog lagen auf der Synode in Dresden gleichberechtigt nebeneinander.
Foto: Norbert Neetz
Digital und analog lagen auf der Synode in Dresden gleichberechtigt nebeneinander.
Die Synode, ein fröhlicher Ratsvorsitzender und der Wald
Die EKD-Synode 2014 in Dresden nähert sich dem Ende. Noch bis Mittwoch abend stimmt die Synode über Vorlagen aus ihren verschiedenen Ausschüssen ab. Ein Fazit lässt sich trotzdem schon ziehen. Denn das Schwerpunktthema zur digitalen Gesellschaft und die Wahl von Heinrich Bedford-Strohm zum neuen Ratsvorsitzenden der EKD überstrahlten (fast) alles weitere. Für wen war es eine gute Synode, für wen oder was nicht so sehr?

Es war eine gute Synode für...

…Heinrich Bedford-Strohm

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Der bayrische Landesbischof war der aussichtsreichste Kandidat, die Nachfolge von Nikolaus Schneider anzutreten. Er ist dann auch mit großer Mehrheit zum Ratsvorsitzenden gewählt worden, aber auch mit großem Vertrauen. Mit seinen eigenen Erfahrungen mit digitaler Kommunikation, seinem Ruf als fundierter Theologe und mit der offensichtlichen Freude an der neuen Aufgabe machte er von Anfang an eine gute Figur.

Die Synodalen sind zufrieden mit ihrer Wahl, die Presse verleiht ihm Vorschusslorbeeren (und Spitznamen wie "Tablet-Theologe" und "Padford-Strohm"), und die Erwartungen sind hoch. Aber das scheint die bayrische Fröhlichkeit des neuen Ratsvorsitzenden nicht zu bremsen.

…die Synodalen der Wahl-Synode 2015

Wenn Heinrich Bedford-Strohm nicht in den kommenden zwölf Monaten einen gigantischen Fauxpas begeht, ist er der Spitzenkandidat für den Ratsvorsitz, wenn der Rat im kommenden Jahr komplett neu gewählt wird. Das macht der nächsten Synode die Aufgabe leichter, jemanden zu finden, der die EKD und die Landeskirchen mit Schwung in das Reformationsjubiläumsjahr 2017 leiten kann. Nicht zu vergessen, dass die EKD auch in den Jahren 2018, 2019 und danach auch noch einen Ratsvorsitzenden braucht. Auch wenn es manchmal den Eindruck macht, als wären diese Jahre in den Planungen bisher noch nicht vorgesehen.

…Nikolaus Schneider

Wer Nikolaus Schneider nach der Wahl von Heinrich Bedford-Strohm ins Gesicht schaute, der sah einen ehemaligen Ratsvorsitzenden, dem eine Last von den Schultern genommen war.

Beifall und Applaus: Heinrich Bedford-Strohm ist der neue Vorsitzende des Rates der EKD. Mit 106 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen und acht Enthaltungen folgte die Synode der EKD dem Vorschlag des Rates.

In die Zeit seines Ratsvorsitzes fielen Weichenstellungen, personelle Veränderungen und Krisen, die nicht immer absehbar waren. Trotzdem ist Schneider "immer Pfarrer geblieben", wie Synodenpräses Irmgard Schwaetzer festhielt, und hat sich diesen Herausforderungen gestellt. Nun ist mit der Erkrankung seiner Frau Anne eine neue Herausforderung auf ihn zugekommen, der er sich ganz widmen möchte. Dafür haben ihm sein Nachfolger, die Synodalen, die Journalisten und die Beobachter der Synode großen Respekt gezollt.

…die Rolle der Kirche in der digitalen Gesellschaft

Die Diskussionen zum Schwerpunktthema in den Foren und am Mittwoch auch noch im Plenum waren von einem Willen zur ernsthaften Auseinandersetzung geprägt, der sich zuvor nur in kleineren Kreisen manifestierte, sei es on- oder offline. Wie sich die Kirche in einer schon längst digital gewordenen Gegenwart verhalten soll, war während der gesamten Synode Thema  - während und zwischen den Sitzungen, auf den Fluren, beim Kaffee im Foyer, bei den abendlichen Treffen.

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Die Jugenddelegierten waren zwar die treibende Kraft, die das Thema auf die Agenda gehoben hat. Die meisten Synodalen haben aber zumindest das Signal gehört und gesehen, dass die digitale Gesellschaft schon da ist und nicht mehr über das "ob" der Beteiligung und Gestaltung, sondern über das "wie" gestritten werden muss.

Im Plenum entspann sich bei der Diskussion des Kundgebungsentwurfs, der sich schon stark von den vorab vorgelegten Bausteinen unterscheidet, eine große Bandbreite bei den Meinungen, wie Gemeinde funktionieren kann, wie Gemeinde/Community/Gemeinschaft zusammenhängen, wie und ob sich der Gemeindebegriff verändern muss. Da ist die Diskussion innerhalb der EKD noch sehr zerfahren. Aber von der Synode geht nun der Impuls an den Rat der EKD, diese Diskussion weiterzuführen und auf eine gemeinsame theologische Basis zu stellen. Auch wenn die Frage nach dem Wesen von Gemeinde nicht explizit im Kundgebungsentwurf erwähnt wird, sondern unter "theologische Fragen" subsummiert wird.

Es war keine gute Synode für…

…alle, die lieber Dinge von "der Kirche" fordern statt von konkreten Ansprechpartnern

Die digitale Gegenwart ist schon längst da, und damit umzugehen, erfordert Anstrengungen von jedem Einzelnen. Forderungen an "die Kirche" zu stellen verpufft da oft in der Ungewissheit, wer denn dann eigentlich was damit anfangen soll. Da bleibt der Kundgebungsentwurf, der am Mittwoch im Plenum diskutiert wurde, zum Teil auch in typischer Kirchensprache hängen. Wünschenswert ist, dass jeder Einzelne, der die zehn Forderungen liest, sie als Auftrag an sich selbst empfindet.

…die konkreten Anträge der Jugenddelegierten

Das Schwerpunktthema "Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft" war zwar von den Jugenddelegierten eingebracht worden, und sie haben im Themenausschuss ausführlich mitdiskutiert. Aber mehrere Anträge zur Ergänzung der Kundgebung, die konkrete Forderungen enthielten, wurden im Themenausschuss und von der Synode nicht angenommen. Das betraf vor allem zwei: den Wunsch, dass sich der Rat der EKD stärker für eine "funktionierende demokratische Kontrolle" von Geheimdiensten einsetzen solle, und die konkrete Forderung, nicht nur zu prüfen, wie das Seelsorge-Geheimnis gewahrt werden könne, sondern das auch auf dem jeweiligen Stand der Technik zu tun. Aber immerhin: Wenn sich insbesondere der Rat mit seinem Arbeitsauftrag aus der Kundgebung befasst, könnten beide Themen dabei eine Rolle spielen.

…den deutschen Wald

Eine papierlose Synode, die sich Synoden-Vizepräses Klaus Eberl sogar vorstellen kann, würde den Baumbestand nachhaltig entlasten.

Denn soviel Papier, wie die Synodalen für jede Tagung wieder in die Hand gedrückt bekommen - ganze Ordner voll!  - wäre einfach nicht (mehr) nötig. Von zwei älteren Damen in den Reihen der Synodalen war zu hören, dass sie sich jetzt iPads kaufen würden, um das mit dem Internet mal auszuprobieren. Und in der rheinischen Kirche wird die papierlose Kirchenleitung auch schon getestet. Das könnte Vorbild sein für die 12. Synode, die sich im kommenden Frühling in Würzburg konstituiert und dann im Herbst in Bremen zusammentritt, um einen neuen Rat zu wählen und die letzten Weichen für das Jahr des Reformationsjubiläums 2017 zu stellen. Mein Vorschlag: Die 12. Synode beschließt, dass die 13. Synode papierlos tagen muss. Das wäre dann ab 2021. Und dann wird's auch mal Zeit.