Tafari, 23 Jahre, Simba, 33 Jahre und Taio, 28 Jahre (Namen von der Redaktion geändert) stammen aus Eritrea, aus Nigeria, aus Kamerun. Dass sie im ehemaligen Gästehaus eines Benediktinerklosters im oberschwäbischen Weingarten zusammen mit rund 40 anderen Flüchtlingen leben sollten, das hätten sie sich vor Jahren vermutlich nicht vorstellen können. Und doch sind sie mittlerweile seit rund einem Dreivierteljahr hier – weil sie es in ihren Heimatländern nicht mehr ausgehalten haben, weil sie vor der Politik fliehen mussten oder weil es ums nackte Überleben ging. Und sie fühlen sich wohl – so gut es geht, wenn man von seiner Familie getrennt ist, wenn man froh sein muss, in sicherer Obhut zu sein und einen zarten Lichtschein am Ende eines langen Tunnels zu erkennen glaubt. Doch die Unsicherheit steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Viele wissen nicht, was der morgige Tag bringen wird, ob sie bleiben dürfen, oder ob ihr Asylverfahren gemäß der "Dublin-Verordnung" letztlich in einem anderen europäischen Land geregelt wird.
###mehr-artikel### Reden? Das fällt Tafari, Simba, Taio und den anderen schwer. "An meine Flucht möchte ich nicht erinnert werden", erzählt Tafari mit gebrochener Stimme in leidlichem Englisch. Zu Fuß sei er nach Äthiopien gelaufen, dann ging es mit einem kleinen Auto durch die Wüste Sudans nach Libyen. In einem winzigen Boot hat er das Meer in Richtung Italien überquert, in ständiger Angst, zu kentern und zu ertrinken. Dann die vorerst letzte Etappe wieder mit dem Auto von Italien nach Deutschland. "Insgesamt war ich fast drei Jahre unterwegs", sagt der junge Mann. Ob er jetzt im Land seiner Träume angekommen ist? "Ja", ist sich Tafari sicher. "Deutschland ist das Land der Freiheit. Ich möchte hier leben. Und ich werde jede Art von Job annehmen, den ich bekommen kann. Toll wäre es auch, wenn ich hier einen Beruf lernen könnte." Wie seine Tage hier verlaufen? "Morgens um 7.30 Uhr gehe ich in die Schule nach Ravensburg. Ich will die deutsche Sprache lernen", sagt er stolz. "Danach habe ich frei. Wir spielen gerne zusammen Fußball, kochen auch mal gemeinsam. Eigentlich können wir machen, was wir wollen. Und wenn wir Probleme haben, ist jemand da, den wir fragen können oder der uns hilft. Auch mit dem Verständnis der unterschiedlichen Nationalitäten klappt es ganz gut."
Füreinander da und auf dem richtigen Weg sein
###mehr-links###" Martinsberg Weingarten, Gemeinschaftsunterkunft Kirchplatz 9". Die bemerkenswerte Initiative von Bischof Gebhard Fürst, der schon vor Jahresfrist anregte, ungenutzte kirchliche Gebäude als Flüchtlingsunterkünfte zu nutzen, trägt Früchte. Hier scheint nicht alles anders, aber vieles besser zu sein als in anderen Einrichtungen für Asylbewerber und Flüchtlinge. Dass man der Überzeugung sei, auf dem richtigen Weg zu sein, bestätigt auch Thomas Broch, bischöflicher Beauftragter für Flüchtlingsfragen. Durchweg gute Erfahrungen habe man gemacht – nicht nur in Weingarten, sondern auch in anderen Flüchtlingseinrichtungen unter kirchlichem Dach wie den ehemaligen Klöstern in Kirchheim am Ries und Oggelsbeuren, ebenso in kleineren Gemeinde- oder Pfarrhäusern, sagt Broch. "Weitere Potentiale" seitens der Diözese Rottenburg-Stuttgart sollen demnach ernsthaft und zeitnah geprüft werden.
Mit einem Abschiebungsbescheid kommt die Ohnmacht
"Das hängt sicher damit zusammen, dass wir durch den bischöflichen Vorstoß in den Öffentlichkeit verstärkt präsent sind", sagt Dieter Haag, "ist aber auch dem Engagement der Schwestern zu verdanken". Allein drei solcher Stellen gibt es an der benachbarten Schule. Eine beim Hausmeister, zwei in den internationalen Vorbereitungsklassen zur Unterstützung der Lehrer bei den Kindern. Einer der Ein-Euro-Jobber hat einen Master in Sozialwissenschaften, ein anderer war in seinem Heimatland Lehrer.
Großes Miteinander der Religionen
Von den Gesprächen mit einem Sozialarbeiter, einer Ordensschwester und einer Ehrenamtlichen haben Tafari, Simba, Taio und ihre Kumpels nichts mitbekommen. Sie tun das, was sie in ihrer Freizeit am liebsten tun – Fußball spielen. Die benötigte Luftpumpe ist natürlich längst angekommen. Es ist ein freundlicher Herbsttag. Die Sonne lacht am Weingartener Martinsberg. Die Aussichten, dass morgen auch wieder ein schöner Tag wird, stehen gut.