Bild und Bibel als visuelle Herausforderung
Ein Semesterprojekt der Academy of Visual Arts
Studierende der Academy of Visual Arts Frankfurt unter der Leitung von Tomaso Carnetto haben sich mit dem Motto des Themenjahres 2015 der Lutherdekade "Reformation - Bild und Bibel" auseinandergesetzt. evangelisch.de präsentiert an dieser Stelle die Ergebnisse, täglich erweitert um ein zusätzliches Projekt.

Jede anspruchsvolle Gestaltung setzt sich mit dem Spannungsfeld zwischen "Wort" und "Bild" auseinander. Ein Spannungsfeld, das gerade in der Reformation eine wichtige Rolle gespielt hat. Man kann sagen: ein nicht unwesentlicher Teil der reformatorischen Zielsetzung bestand und besteht darin, das Verhältnis zwischen Wort und Bild – verstanden als Verweise auf Körper und Geist – immer wieder neu zu bestimmen. Studierende der AVA haben dieses Spannungsfeld in eigene Gestaltungsformen übersetzt.

Unterteilt in vier Themenkomplexe sollte bei der Erarbeitung die zeitgemäße Vermittlung theologischer Positionen ein Bezugspunkt sein. Die Themen lauten:

1. "Bibel und Bild" - Erstellung einer Infografik zur Entwicklung von "Wort und Bild", dargestellt an kunsthistorischen Beispielen; Darstellung der Entwicklung von der Romanik bis in die Gegenwart
2. "sola scriptura" - gestalterische Experimente im Spannungsfeld zwischen Schrift- und Bildzeichen
3. "Wundertaten und Gleichnisse" - Illustrative Gestaltung, "sinnliche Räume" und "narrative Bildkombinationen"
4. "Im Anfang war das Wort" - freie künstlerisch/gestalterische Umsetzung

Allen Arbeiten eigen ist der methodische Ansatz: Aus der Analyse der strukturellen Gegebenheiten des gewählten Themas ergibt sich die Konstruktion der visuellen grammatikalischen Koordinaten; ein Gerüst, das von jedem Studierenden individuell in eine eigene ästhetische Dimension übersetzt wird. Dieses Vorgehen erlaubt im Ergebnis eine große Bandbreite von Arbeiten, die dann in den unterschiedlichsten Medien genutzt werden können.

1. Infografik: Die Grablegung Christi im Wandel der Zeit

Von Ojuna Faust, Ayla Kistenmacher, Mia Mener und Florin Weber.

Infografiken von Ojuna Faust, Ayla Kistenmacher, Mia Mener und Florin Weber im Rahmen des studentischen Projekts "Bibel und Bild" an der Academy of Visual Arts, Frankfurt.

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Ihr Statement zur Arbeit:

"Besonders interessant war die Gegenüberstellung mehrerer künstlerischer Umsetzungen von ein und derselben Bibelstelle aus unterschiedlichen Epochen. Uns war bewusst, dass sich diese optisch und technisch unterscheiden würden, jedoch waren wir überrascht, dass die Komposition und die Bewegung der Personen im Bild mit der Auslegung des Wortes (der Bibel) zu der jeweiligen Zeit einhergeht. Wir wollten von vornherein keine Infografik in traditioneller Zeitstrahl-Form erstellen. Die sehr interessanten Informationen sollten auf einer ästhetischeren und gleichzeitig emotionaleren Weise wahrgenommen werden. Nach ausgiebiger Recherche konnten wir zunächst einer Bibelstelle fünf Gemälde aus unterschiedlichen Epochen zuordnen. Wir mussten nun Bild-Parameter finden, die die Beziehung zwischen Wort und Bild visualisieren. Nach vielen vergeblichen Versuchen konnten wir mit Hilfe eines Kunsthistorikers ein Verfahren entwickeln, dass die Bewegung der Personen im Bild in einem numerischen Wert ausdrückt. Dieser basiert auf den Winkeln der des Körpers. In Kombination mit sog. Beziehungsradien, die den Raum zwischen den Menschen beschreiben, entstand ein Algorithmus, der jedes beliebige Gemälde in ein Linienkonstrukt verwandeln kann. Die Animation zeigt die Konstrukte mehrerer Gemälde räumlich nach deren Entstehungsjahr gestaffelt."

2. Video: Im Anfang war das Wort

Von Lana Stropp.

Video "Im Anfang war das Wort" von Lana Stropp im Rahmen des studentischen Projekts "Bibel und Bild" an der Academy of Visual Arts, Frankfurt.

Ihr Stament zur Arbeit:

"Ich fand es spannend, sich damit auseinanderzusetzen, in welcher Beziehung Gott, das Leben und die alles umgebende Finsternis in der Bibel zueinander stehen. Es war mir wichtig, Wachstum, Entwicklung, Bewegung, (Re-)Aktionen und die Lebenskennzeichen, die wir Lebewesen den ganzen Tag unbeeindruckt hinnehmen, in den Mittelpunkt meiner Aufgabe zu stellen. Welche Bedeutung dabei dem Wort, nämlich dem alles regelnden Logos, zukommt, war dabei genauso wichtig und spannend, wie ein Raster mit System zu entwickeln, das in sich eben diesen Gott, diesen geregelten Zufall natürlicher Entstehung in allen seinen Rhythmiken, darstellen kann. Licht und Finsternis sind dabei Gegenteile, die einander bedingen, genau wie Leben und Tod. Um das Leben zu visualisieren habe ich einen Fisch nach seinem freien Willen ungehindert in einem Aquarium schwimmen lassen und seine Bewegungen mit einer Kamera aufgenommen. Diese Wege und Zeiten, die er dafür gebraucht hat, sind in weiße Grafiken auf schwarzem Grund umgewandelt worden, sodass man ihm auf dem Bildschirm bei seiner Reise folgen kann, wobei man sich in einer Welt verlieren darf, die die Realität zwar noch darstellt, aber vielmehr einem Meer an Sternen und Träumen gleicht."

3. Gestaltung: Im Anfang war das Wort – Wortgefühl

Von Justus Gelberg

Walzenbilder von Justus Gelberg

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Sein Statement zur Arbeit:

"Interessant, aber gleichzeitig auch sehr schwierig fand ich die völlige gestalterische Freiheit des Themas. Aber gerade diese Herausforderung machte es so spannend, den komplizierten philosophischen Text, der für mich nur schwer vorstellbar war und ist, visuell zu erfassen. Ich habe viele Dinge probiert, bis ich letztendlich auf die Walzenbilder gekommen bin. Ich habe nach einem spielerischen Regelwerk gesucht, das nicht vordefiniert ist. Hierbei habe ich versucht, immer nah am Text zu bleiben. Dann probierte ich das Wort ohne Sprache, nur in Form von Bewegung, Berührung und Spüren auf Papier zu übertragen. Die mit der Walze übertragenen Wörter entwickelten dadurch eine eigene Bildsprache."

4. Video: Das Gleichnis vom Sauerteig

Von Madeleine Franzek

Video "Gleichnis vom Sauerteig" von Madeleine Franzek im Rahmen des studentischen Projekts "Bibel und Bild" an der Academy of Visual Arts, Frankfurt.

Ihr Statement zur Arbeit:

"Das Gleichnis vom Sauerteig ist eine sehr bildliche Darstellung des Reichs Gottes. Mein Interesse lag vor allem darin, für die Botschaft, die hinter dem Gleichnis steckt, meine eigene Interpretation zu finden und dies wieder visuell in Bilder umzusetzen. Bei der gestalterischen Umsetzung dieses Gleichnisses wollte ich also nicht den Sauerteig bildlich wiedergeben, sondern den Inhalt darstellen. Für mich geht es im Wesentlichen um die Vermischung und Ausbreitung des Reichs Gottes. Diesen Prozess des Vermischens habe ich schließlich mit flüssiger Farbe und Sahne in Wasser nachgestellt. Da die Vermischung keinem Regelwerk folgt, sind auch die Klavierklänge von mir im Hintergrund nicht nach Noten gespielt."

5. Lichtbilder: Lebendig durch Licht und Dunkelheit

Von Laure Grieb und Adele Ogiermann

Lichtbilder von Laure Grieb und Adele Ogiermann im Rahmen des studentischen Projekts "Bibel und Bild" an der Academy of Visual Arts, Frankfurt.

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Ihr Statement zur Arbeit:

"Interesse hat in uns die Herausforderung geweckt, Dinge zusammenzuführen, die es in der Form noch nicht geschafft haben, Anschluss an die traditionelle Gestaltung zu finden. Die Herausforderung war also, den Vers aus Johannes 1, 1-5 visuell grammatikalisch zu übersetzen und ihn in Form zu bringen. Wir haben uns den Sinn des Verses als Regelwerk gesetzt und danach gestaltet: 'Alle Dinge sind durch dasselbige gemacht' - das heißt, alles entsteht aus der gleichen Materialität und wird lebendig durch Licht und Dunkelheit."

6. Video: Lazarus

Von Harald Takke und Steven Takke

Video "Lazarus" von Harald Takke und Steven Takke im Rahmen des studentischen Projekts "Bibel und Bild" an der Academy of Visual Arts, Frankfurt.

Ihr Statement zur Arbeit:

"Das Thema war deshalb interessant für uns, weil uns die Bibel generell interessiert. Besonders die Erzählungen um Jesus. Es sind einfach interessante Geschichten. Jeder Student des 4. Semesters sollte sich entscheiden, welches Thema er angehen wollte und wie. Wir entschieden uns für das Thema Illustration. Anschließend wurden Gruppen gebildet. Für diese Gruppen standen dann mehrere Geschichten zur Auswahl. Eine davon war die "Auferweckung des Lazarus". Diese Geschichte hatte uns gleich angesprochen. Es ist das wahrscheinlich größte Wunder Jesu, abgesehen von seiner eigenen Auferstehung. Es gibt zahlreiche Gemälde dieser Szene. Man kann diese Erzählung bildlich spannend und gut darstellen. Da wir uns von vornherein vorgenommen hatten, einen Kurzfilm zu drehen, passte diese Geschichte in unseren Augen optimal dafür. Zunächst überlegten wir uns, wie wir die nötige Spannung mit einbauen können. Wie wir etwas Eigenes schaffen könnten, wie man es so vorher noch nicht gesehen hat. Als wir darüber nachdachten, kamen wir zu dem Entschluss, dass wir ein präsentes, gesellschaftliches Thema mit einbauen wollen. Uns fiel auf, dass Jesus und seine Jünger Ähnlichkeiten mit Rockern aus einem Motorradclub aufwiesen. Wenn man sich die Frisuren und die Bärte ansieht, die sie damals trugen und einen direkten Vergleich zieht, kann man wirklich Ähnlichkeiten auffinden. Die Kleidung, welche die Jünger trugen, war relativ einheitlich. Wie die Kutten der Biker, die demselben Club angehören. Zudem reisten Jesus und seine Gefolgsleute sehr viel. So auch Motorradfahrer. Wir kamen auf die Idee, die alte Geschichte in die heutige Zeit zu versetzen und Jesus Christus und seine 12 Jünger als langhaarige, rauchende, fies aussehende Biker darzustellen. So hatten wir auch ein präsentes gesellschaftliches Thema mit eingebracht. Um jedoch einen Bruch reinzubringen, behielten wir den Originaltext bei. Wir wollten die alte Sprache, die jedoch "umgangssprachlich" gesprochen werden sollte. Weil das Ganze nun mal einfach, so wie wir es darstellen wollten, eine gewisse Übertriebenheit in sich hat, kamen wir nicht umhin, den Film "trashig" wirken zu lassen. Er sollte die Wirkung eines B-Movies haben. Jedoch wollten wir den Zuschauer spüren lassen, dass dies bewusst so gewählt wurde und so gewollt ist. Wir haben einige Klischees aufgegriffen. Sowohl die Klischees eines B-Movies als auch die Klischees der Rocker."