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TV-Tipp des Tages: "Dracula" (VOX)
TV-Tipp des Tages: "Dracula", 20. Oktober, 22.10 Uhr auf Vox
Ende des 20. Jahrhunderts kommt Dracula ins viktorianische London, um sich an einer Gruppe zu rächen, die einst seine Frau ermordet hat. Als er der jungen Mina Murray begegnet, ist er wie vom Donner gerührt: Die Medizinstudentin ist das perfekte Ebenbild seiner Frau.

Abgesehen von den Geschichten über Sherlock Holmes ist vermutlich kein Werk der Weltliteratur so oft verfilmt worden wie Bram Stokers 1897 erschienener Horrorklassiker "Dracula". Sämtliche nur denkbaren Varianten des Vampirmythos sind bereits erzählt worden. Es gab klassische Adaptionen und komödiantische Variationen, es gab den Dracula der Neuzeit und mit "Near Dark" (1987) von Kathryn Bigelow einen Horrorfilm im Western-Stil. Im Grunde aber ist der Geschichte seit Friedrich Wilhelm Murnaus Symphonie des Grauens, "Nosferatu", nicht mehr wesentlich weiter entwickelt worden. Außerdem verhält es sich bei Dracula ähnlich wie bei James Bond und Sean Connery: Nach Christopher Lee waren alle Darsteller nur noch zweite Wahl.

Das perfekte Ebenbild

Das gilt auch für Jonathan Rhys Meyers. Er spielt die Titelrolle dieser neuen amerikanischen TV-Serie der "Downton Abbey"-Produzenten, die Stokers Vorlage um ein wesentliches Motiv erweitert haben: Ende des 20. Jahrhunderts kommt Dracula ins viktorianische London, um sich an einer Gruppe zu rächen, die einst seine Frau ermordet hat. Als er der jungen Mina Murray (Jessica De Gouw) begegnet, ist er wie vom Donner gerührt: Die Medizinstudentin ist das perfekte Ebenbild seiner Frau. Eine weitere Variation verkehrt eine der wichtigsten Figuren sogar in ihr Gegenteil: Vampirjäger Van Helsing (Thomas Kretschmann) ist in der Serie ein Verbündeter des Blutsaugers.

Jonathan Rhys Meyers, Hauptdarsteller der TV-Serie "Die Tudors", hat zwar längst nicht das Charisma früherer Dracula-Darsteller, doch die Figur ist um so reizvoller: Der Transsylvanier gibt sich als vermögender Amerikaner namens Alexander Grayson aus, der eine Lösung für die Energieprobleme der Welt gefunden hat. Nicht nur in dieser Hinsicht gibt es eindeutige Gegenwartsbezüge. Die Organisation, die seine Frau auf dem Gewissen hat, nennt sich "Orden des Drachen" und repräsentiert die Londoner Hochfinanz. Für diese Menschen bleibt Grayson ein Außenseiter. Dies sowie die Fixierung auf Mina Murray führt zu verblüffenden Parallelen zwischen der Serie und Baz Luhrmans Verfilmung von "Der große Gatsby" (2013) mit Leonardo DiCaprio; mit dem offenkundigen Unterschied, dass Meyers leider nicht DiCaprio ist.

Aber der Aufwand ist beeindruckend, die Bilder vom nebligen London erinnern an klassische Horrorfilme, und tatsächlich spielt auch Jack the Ripper eine Rolle. Die Serie ist dem späten Sendeplatz zum Trotz keineswegs übermäßig blutig oder spannend. "Dracula" ist zwar nicht das "packende und bildgewaltige Serien-Event", das Vox verspricht, aber durchaus sehenswert. Die zehnteilige erste Staffel ist allerdings nicht fortgesetzt worden.