Die Missionarin drängt. Die Ebola-Patienten in Westafrika brauchen dringend mehr Hilfe, findet Nancy Writebol: "Zu wenig und zu spät" reagiert ihrer Meinung nach die Staatengemeinschaft auf die Epidemie. Mehr als 4.000 Menschen sind in Westafrika bereits an dem tödlichen Virus gestorben. Writebol überlebte ihre Infektion.
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Schwer krank war die 59-Jährige US-Bürgerin Anfang August aus Liberia ausgeflogen worden. Ihre Behandlung hatte Erfolg. Heute müsse sie viel ruhen, doch von Tag zu Tag gehe es ihr besser, sagte Writebol dem Evangelischen Pressedienst (epd). Und wie erging es ihr während der Infektion?
Ebola nehme den Erkrankten ihre Würde, sagt Writebol. Sie spricht von Fieber, Übelkeit und Durchfall, und dass sie nicht mehr aufstehen konnte. Zeitweilig war sie nicht bei Bewusstsein. Ihre Füße schmerzten so sehr, dass schon eine Berührung mit einem Laken wehtat.
"Entsetzlich, was Ebola dem Körper antut"
Nancy Writebol und ihr gleichaltriger Ehemann David arbeiten seit 20 Jahren als Missionare, darunter acht Jahre in Sambia und fünf in Ecuador. Im August 2013 kamen die beiden mit dem Missionsverband "Serving in Mission" (SIM) nach Liberia. Erklärtes Ziel der Organisation ist es, das Evangelium auf der ganzen Welt zu verkünden, wie auf der Website erläutert wird. Wer nicht zum rechten Glauben finde, sei nach dem Tod verdammt zu "ewiger Strafe und Trennung von Gott". Die Organisation ist in 65 Ländern tätig, ihre Mitarbeiter kommen aus 55 Nationen.
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Als das Ehepaar aus Charlotte im Bundesstaat North Carolina im August 2013 nach Liberia kamen, war Ebola noch überhaupt kein Thema. Nancy Writebol lernte Missionspersonal an und half im SIM-Krankenhaus ganz in der Nähe der Hauptstadt Monrovia aus. Etwa ein halbes Jahr später tauchten die ersten Nachrichten über Ebola auf. Der erste Patient kam am 11. Juni in das Krankenhaus.
Nancy Writebol sah die Klinik vorbereitet, es gab eine Isolierstation und Schutzanzüge. Die Patienten hätten große Angst gehabt. Es sei "entsetzlich, was Ebola dem Körper antut", sagt sie. Writebol arbeitete selbst im Hintergrund, half Ärzten und Pflegern mit den Schutzanzügen und desinfizierte sie. Bis 20. Juli, als die Klinik eine zweite und größere Isolierstation eröffnete, wurden 40 Ebola-Patienten behandelt. Nur einer überlebte.
Am 22. Juli, ihrem Geburtstag, bekam Writebol selbst Fieber. Sie dachte an Malaria, was ein Test bestätigte. Doch die Medikamente wirkten nicht. "Und die Ärztin sagte zu mir, machen wir doch den Ebola-Test." Er war auch positiv. "Rühr mich nicht an", habe sie sagen müssen, als ihr Mann David sie trösten wollte. Denn Ebola wird über Körperflüssigkeiten übertragen. Es war Krisenzeit im SIM-Krankenhaus: Auch der amerikanische Arzt Kent Brantly hatte sich angesteckt. Auch er wurde ausgeflogen, auch er ist inzwischen wieder gesund.
Ein Trauma nach dem anderen für Liberianer
Writebol sagt, Ebola sei für sie kein Glaubenstest gewesen. Sie habe Frieden gefühlt, und die Frage "warum ich?" habe sie nie gestellt. Sie lasse sich ohnehin nicht beantworten. Writebol und Brantly wurden mit dem experimentellen Medikament ZMapp behandelt. Im Interview mit einem Wissenschaftsmagazin sagte Writebol, sie wisse nicht, was den Ausschlag gegeben habe für ihre Genesung.
Heute vermutet die zweifache Mutter und fünffache Großmutter, die ausführliche Berichterstattung über ihren Fall habe geholfen, die westliche Welt aufzuwecken. Über E-Mails erfährt sie, dass die Zustände in Liberia schlimmer werden. Die Überlebensrate im SIM-Krankenhaus sei allerdings besser. Offenbar kommen die Patienten viel früher zur Behandlung.
Doch auch Menschen, die wieder gesund würden, seien "zutiefst verwundet", sagte Writebol. Für Liberianer sei ein Trauma nach dem anderen gekommen, bis 2003 der Bürgerkrieg, und jetzt Ebola. Writebol hofft inständig, dass nun wenigstens die vielen internationalen Hilfszusagen eingehalten werden.