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TV-Tipp des Tages: "Landauer - Der Präsident" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Landauer - Der Präsident", 15. Oktober, 20.15 Uhrim Ersten
Beim FC Bayern wissen sie heute, was sie Kurt Landauer zu verdanken haben: Der langjährige Präsident hat einst jene Grundlagen gelegt, die der Verein Jahrzehnte später als Basis für seine sportlichen und wirtschaftlichen Erfolge nutzen konnte.

Eine Zeitlang sind die Verdienste Landauers aus dem Blickfeld geraten; eine Dokumentation, mit der das Bayerische Fernsehen seine Leistungen würdigt, trägt daher den treffenden Titelzusatz "Gefeiert. Verbannt. Vergessen." Der Fernsehfilm heißt hingegen schlicht "Landauer - Der Präsident", und im Grunde hätte es auch ein einfaches "Der Präsident" getan. Die Qualität des Werks lässt sich noch knapper beschreiben: Bierbichler. Dem großartigen Oberbayern gelingt das Kunststück, den legendären Vereinsboss gleichermaßen monumental und menschlich zu verkörpern.

Enorme Bedeutung Landauers für den FC Bayern

Schon 1932 führte er den Club zur ersten deutschen Meisterschaft. Dirk Kämper (Buch) und Hans Steinbichler (Regie) erzählen jedoch eine ganz andere und viel spannendere Geschichte, weshalb "Landauer" auch kein Fußballfilm ist: Landauer war Jude, kam 1938 für zwei Monate ins Dachauer Konzentrationslager und hat den Rest des Krieges im Schweizer Exil verbracht. Die Filmhandlung setzt ein, als er 1947 auf dem Weg nach Amerika in München Station macht, um sich das Visum zu besorgen. Natürlich schaut er auch bei den alten Weggefährten vorbei, und schon packt ihn der Bazillus: Fußball ist sein Leben. Für den Film ist der Sport aber bloß ein Vehikel. Viele Szenen spielen sich zwar rund um das in Trümmern liegende Grünwalder Station ab, doch das eigentliche Motiv der Handlung ist der Wiederaufbau eines zerstörten Lebenswerks; zumindest ist das die Perspektive der Hauptfigur.

Seine Mitmenschen sehen Landauer dagegen vor allem als Juden, und deshalb verknüpft Kämper die Karriere mit einer weiteren Ebene, die historisch betrachtet ungleich wichtiger ist als Landauers Meriten für den Fußball. Filme über die unmittelbare Nachkriegszeit sind ja ohnehin ausgesprochen selten; wenn überhaupt, dann geht es meist darum, wie die Menschen nach vorn schauten und das Land wieder aufbauten. Kämper aber konfrontiert Landauers Zeitgenossen mit einer Persönlichkeit, die sie an ihre ungeheure Schuld erinnert. Natürlich sind seine Vereinskameraden dankbar dafür, dass er den Amerikanern eine Vereinslizenz abtrotzt; dennoch bleibt der Präsident für die einen ein Hassobjekt und für die anderen eine stete Erinnerung an ihr schlechtes Gewissen.

Zwischen diesen verschiedenen Handlungsmotiven verzettelt sich der Film mitunter, zumal Kämper diverse Nebenfiguren einführt, die alle ein typisches Nachkriegsschicksal repräsentieren. Zu allem Überfluss gibt es auch noch eine Romanze mit dem einstigen Dienstmädchen (Jeanette Hain), das schließlich leiderfüllt erkennen muss, dass es gegen Landauers Liebe zum Fußball nie eine Chance haben wird. Aufgrund der vielen Erzählansätze wirkt "Landauer" derart episodisch, dass über weite Strecken kein flüssiger Erzählrhythmus zustande kommt.

Andererseits ist Josef Bierbichler ähnlich herausragend wie in den Steinbichler-Filmen "Hierankl" und "Winterreise", so dass schon fast seine Präsenz genügt, um den Film zusammenzuhalten. Sehenswert ist auch die Verschmelzung des Dokumentarmaterials mit den Spielszenen, und das bezieht sich nicht nur auf die Montage: Dank eines 35-mm-Films aus dem Stadtmuseum München und einer technischen Finesse kann Steinbichler seinen Helden durch das zerstörte München wandern lassen.