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"Das sind nicht nur Fremde, das sind Brüder und Schwestern"
Von den Berichten über Misshandlungen in der Burbacher Flüchtlingsunterkunft sind auch die Christen in dem Ort kalt erwischt worden. Protestanten aus Burbach engagieren sich seit längerem für die Flüchtlinge in der ehemaligen Kaserne: Ehrenamtliche haben einen Andachts- und einen Moscheeraum eingerichtet sowie Kleiderspenden und Kinderbetreuung organisiert. Jetzt geht es vor allem darum, Vertrauen herzustellen und Hoffnung zu geben, sagt Pfarrerin Daniela Walter.

Haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Arbeit in der Unterkunft irgendetwas von Misshandlungen mitbekommen?

Daniela Walter: Nein, davon haben wir nichts mitbekommen. Aber wir sind eventuell auch nicht die Stellen, denen sich Menschen anvertrauen, denn wir haben ja nur sporadischen Kontakt.

Am Wochenende hat Burbach es in die Tagesschau geschafft – als Topmeldung. Wie reagieren die Menschen im Ort auf die Berichte?

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Walter: Ich erlebe eine große Sprachlosigkeit. Ein erschlagenes Schweigen und die Frage: "Wie können wir jetzt damit umgehen?" Denn die Haltungen sind hier durchaus auch differenziert. Viele Menschen fühlen sich zum Beispiel unsicher, wenn junge dunkelhäutige Männer Bier trinkend auf dem Marktplatz sitzen, da kamen bei vielen ungute Gefühle auf, die Menschen fühlten sich bedroht durch die Fremden. Und jetzt erleben wir das Gegenteil, jetzt erleben wir die Flüchtlinge als bedroht und sehen uns in der Verantwortung, da etwas tun zu müssen. Die Frage ist dann ganz oft: "Was soll ich denn machen?" Vor allem aber nehme ich das Schweigen wahr. Wir als Kirchengemeinde können nicht unsere Burbacher Bevölkerung alleine lassen oder einfach appellieren: "Jetzt seid doch alle freundlich, habt keine Angst", sondern wir müssen den Burbachern auch die Möglichkeit geben, mit ihren Ängsten umzugehen, den Fremden zu begegnen, so dass sich alle sicher fühlen.

Wie greifen Sie die Geschehnisse in Ihren Gottesdiensten und Andachten auf?

Walter: Sicherlich ist klar, dass der Erntedankgottesdienst am Sonntag ein ganz anderes Gepräge haben wird als wenn diese Vorfälle nicht dagewesen wären. Denn das ist ja ein fröhlicher Gottesdienst der Dankbarkeit, in dem man merkt, wie gut es einem doch eigentlich geht. Aber jetzt merken wir, dass wir auch eine Verantwortung haben. Wir können nicht einfach nur sagen: "Die Menschen sind da und wir gehen nicht mit ihnen um." Wir haben schon ganz viel beantragt und angestoßen, und wir warten eigentlich nur noch auf Zusagen, dass diese Arbeiten stattfinden können.

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Wir wollen nicht in einen Schockzustand verfallen, sondern fröhlich weitermachen und die Menschen, die sich engagieren, ermutigen, weiterhin das zu tun, was wir am besten können. Das ist nämlich: Freundlich auf die Menschen zugehen und im direkten Kontakt Ängste abbauen auf allen Seiten. Es müssen irgendwie sinnvolle Beschäftigungen für die Menschen her, es müssen Angebote der Hoffnung her. Wir müssen uns untereinander abstimmen, auch mit muslimischen Gemeinden, dass die auch die Ihren seelsorgerlich betreuen. Das sind Dinge, die wir verstärken – gerade weil es ja auch jetzt viel mehr Menschen geworden sind als ursprünglich geplant, und weil sie länger als fünf Tage bleiben.

Hin und wieder kommen ja auch christliche Flüchtlinge in Ihre Gottesdienste…

Walter: Die kommen eigentlich jede Woche.

Wie gehen Sie darauf ein? Und was bedeutet der Besuch von Menschen aus anderen Kulturkreisen für die Gemeinde?

Walter: Die Gemeinde erlebt das als unglaubliche Bereicherung, weil einzelne, gerade afrikanische Christen schon mal spontan sagen: "Ich möchte euch gerne ein Lied singen", oder ein Pfarrer eine kleine Predigt gehalten hat. Oder ein Junge hat ein Musikstück auf der Geige vorgespielt. Das ist das eine – dass sie in unserem Gottesdienst auftreten und wir erfahren: "Wow! Das sind ja nicht nur die Fremden, das sind Brüder und Schwestern." Und das andere ist, wenn sie dort in der Bank sitzen und man sie beobachtet, das baut auch Ängste ab. Denn wenn ich im Gottesdienst neben jemandem gesessen habe und sehe ihn am nächsten Tag im Ort, dann weiß ich: "Ja, das ist nicht nur ein Fremder, das ist auch ein Christ wie ich." Und dem begegne ich dann ganz anders. 

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Unsere Gottesdienste haben sich dadurch verändert – bis hin zu Gerüchten, in Burbach würde nur noch auf Englisch gepredigt. Das ist natürlich nicht der Fall, das übersteigt auch ein Stückweit die Kompetenzen von uns Pastoren. Aber wir haben Ehrenamtliche, die lange im Ausland waren, die Übersetzungsarbeit leisten. Wir heißen die Flüchtlinge willkommen zu Beginn des Gottesdienstes, die Schriftlesung ist auf Englisch, der Pfarrer – wenn er es schafft – fasst auch schon mal seine Predigt auf Englisch zusammen, damit die Menschen spüren: "Ich bin nicht gleichgültig, ich bin hier wirklich willkommen." Dieses Wort, "Welcome", ist einfach ganz wichtig. Wenn wir den Menschen so begegnen, dass sie das Gefühl haben: "Wir sind jetzt nicht egal mit unseren Schicksalen", dann schafft das Vertrauen. Diese Hoffnung zu geben ist uns wichtig. Ich denke, dass Menschen, die Hoffnung auf Zukunft und Sicherheit haben, weniger anfällig sind für kriminelle Taten als Menschen, die schon alles aufgegeben haben.