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TV-Tipp des Tages: "Der Mann, der Udo Jürgens ist" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Der Mann, der Udo Jürgens ist", 29. September, 20.15 Uhr im Esten
"Der Mann, der Udo Jürgens ist": Das verspricht eine Spurensuche, die nicht zuletzt der Frage nachgeht, ob der Star auf der Bühne identisch ist mit dem Menschen, der nach dem Schlussapplaus aus dem Rampenlicht tritt.

Schon der Titel verdeutlicht, dass dieser Dokumentarfilm kein distanzloses Jubelwerk ist.  "Der Mann, der Udo Jürgens ist": Das verspricht eine Spurensuche, die nicht zuletzt der Frage nachgeht, ob der Star auf der Bühne identisch ist mit dem Menschen, der nach dem Schlussapplaus aus dem Rampenlicht tritt. Glaubt man Hanns-Bruo Kammerthöns und Michael Wech, den Autoren dieses sehenswerten Films, sind die Parallelen zumindest sehr groß; größer vermutlich als bei vielen anderen jener Sänger, die gleichzeitig mit dem Österreicher berühmt geworden sind, aber im Grunde ihres Herzens lieber andere Musik gemacht hätten. In dieser Hinsicht ist sich Udo Jürgens zweifelsohne treu geblieben: Seine Lieder sind auch ein Spiegel seiner Seele. Unterhaltung, sagt er, sei für ihn ohne Haltung nicht möglich. Anders hätte er es vermutlich auch nicht geschafft, fünf Jahrzehnte lang derartig erfolgreich zu sein.

Selbstredend resümieren Kammerthöns und Wech nicht nur die Stationen der Weltkarriere, sie sorgen auch dafür, dass fast alle Hits erklingen. Das mag für einen derartigen Film zwar obligatorisch sein, aber diese Pflichtaufgabe gelingt ihnen dank sorgfältig zusammengestellter Archivaufnahmen ausgesprochen abwechslungsreich. Herausragend wird der Film durch die intensiven Gespräche: mit Jürgens selbst natürlich, aber vor allem mit seinem Bruder, dem Maler Manfred Bockelmann. Die Ehrlichkeit des Sängers ist schon eindrucksvoll, aber die Schilderungen seines Bruders sind eine wertvolle Ergänzung, erst recht, wenn es um die gemeinsamen Kindheits- und Jugendjahre geht; beide sind außerdem gute Erzähler.

Darüber hinaus gelingt den Autoren eine eindrucksvoll gelungene Gratwanderung: Der Film kommt Udo Jürgens vermutlich so nahe, wie es für ein Projekt dieser Art überhaupt möglich ist; aber er lässt ihm auch genügend Raum, so dass man sich als Zuschauer nie wie ein Eindringling fühlt. Zu dieser Haltung der Autoren gehört auch der Respekt vor der Privatsphäre. Jürgens spricht zwar, ergänzt um Aussagen seiner Kinder Jenny und John, ungewöhnlich offen nicht nur über sein Scheitern als Vater und Ehemann, sondern auch über seine Unfähigkeit zu ehelicher Treue ("Treue ist keine Frage des Charakters, sondern der Gelegenheiten"), aber im Gegensatz zur ARD-Reihe "Legenden" verkneifen sich Kammerthöns und Wech jede Anleihe beim Boulevard: Der Sänger gibt die Grenze vor, und das respektieren sie.

Andererseits lässt Jürgens in den Gesprächen ungewöhnlich tief in seine Seele blicken. Die Schilderungen der bewegendsten Momente seines Lebens bewegen auch ihn selbst, seine Betrachtungen über den Ruhm im Allgemeinen und die Einsamkeit nach dem Schlussapplaus klingen radikal ehrlich. Ohnehin vermittelt der Film, dass dieser Mann, der morgen achtzig wird, mit sich im Reinen ist. Im Herbst wird er wieder eine große Tournee beginnen. Er wirkt beneidenswert fit, aber in diesem Alter weiß man nie, und so wird es womöglich seine letzte sein. "Mitten im Leben" heißt eines seiner jüngsten Lieder, eigentlich "idiotisch" für einen Mann um die achtzig, wie er sagt: "Der Tag wird kommen. Aber so lange er noch nicht da ist, hau’ ich rein."