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TV-Tipp des Tages: "Helen Dorn: Unter Kontrolle" (ZDF)
TV-Tipp des Tages: "Helen Dorn: Unter Kontrolle", 27. September, 20.15 Uhr im Zweiten
Krimi von Matti Geschonneck um ein verschwundenes Mädchen. Die Ermittlungen der LKA-Kommissarin Helen Dorn gleichen einem Stochern im Nebel.

Von den Größten ihres Fachs wird erwartet, dass sie nicht nur alle anderen, sondern auch sich selbst immer wieder übertreffen. Gemessen an der üblichen Krimiware mag dieser zweite Film mit der Düsseldorfer LKA-Kommissarin Helen Dorn daher ein besonderer Film sein, aber aus dem Gesamtwerk von Matti Geschonneck ragt er nicht heraus. Das ist der Fluch einer langen Reihe von Meisterwerken, immerhin ist praktisch jede Arbeit des mehrfachen Grimme-Preisträgers ("Die Nachrichten", "Liebesjahre", "Das Ende einer Nacht")  preiswürdig. Allerdings fehlt der Fortsetzung naturgemäß auch das Überraschungselement des ersten Films, der Anna Loos als Ermittlerin der etwas anderen Art einführte: Unter Geschonnecks Führung verzieht die Schauspielerin buchstäblich keine Miene, was die als Ermittlerin allerdings hochqualifizierte Beamtin unnahbar und schroff wirken lässt; erst recht, wenn sie nach dem Verschwinden eines kleinen Mädchens erst mal die Eltern verdächtigt.

Ausgezeichnet besetzt

"Unter Kontrolle" ist hinter der Kamera mit dem gleichen bewährten Team entstanden wie viele andere Arbeiten Geschonnecks: Das Drehbuch stammt von Magnus Vattrodt, für die Bildgestaltung ist Theo Bierkens verantwortlich. Die Geschichte ist allerdings nicht ganz so raffiniert wie der erste Film ("Das dritte Mädchen"), so dass die Handlung in erster Linie von der Hilflosigkeit der Polizei lebt: Selbst die scharfsinnige Helen Dorn findet keinen vielversprechenden Ansatz; die Ermittlungen gleichen einem Stochern im Nebel. Zunächst deutet einiges auf Entführung hin: Der Vater des Kindes, Hans Thomsen (Herbert Knaup), ist ein schwerreicher Investor, der viele Kleinanleger mit riskanten Manövern um ihr Erspartes gebracht hat; dass so ein Mann viele Feinde hat, liegt auf der Hand.

Tatsächlich bekommt er seit Jahren Morddrohungen, doch die Erpresserbriefe erweisen sich als falsche Spur. Thomsen selbst ist überzeugt, ein Immobilenhändler aus Rotterdam (Chiem van Houweninge) habe seine kleine Mia entführt, weil er dem Holländer ein großes Geschäft vermasselt hat. In der Nachbarschaft der Familie lebt ein verurteilter Päderast (Johann Adam Oest); auch ihm statten Dorn und ihr Kollege Georgi (Matthias Matschke) selbstredend einen Besuch ab. Das Drehbuch legt jedoch eine ganz andere Spur: Parallel zu den Ermittlungen macht der Film immer wieder Stippvisiten bei einigen Jugendlichen; und selbstverständlich hat es gute Gründe, dass Emilia Schüle die Rolle von Mias Babysitterin spielt. "Unter Kontrolle" ist ohnehin ausgezeichnet besetzt, auch wenn es zunächst so aussieht, als sei Barbara Auer als Thomsens Ehefrau etwas verschwendet.

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Mindestens so reizvoll wie der eigentliche Fall ist wie schon in "Das dritte Mädchen" die Komposition des Ensembles. Gerade die Kombination Loos/Matschke erweist sich erneut als großartige Basis für ein facettenreiches Zusammenspiel: Kollege Georgi ist auf den ersten Blick ein Korinthenkacker, der mit seinen pessimistischen Statistiken fortwährend den Ermittlungsfrust vertieft. Exakt zur Hälfte des Films läuft auf seinem Telefon der Countdown ab: Ab jetzt ist es höchst unwahrscheinlich, Mia lebend zu finden. Georgi hat allerdings eine sympathische Familie; seine Frau sorgt mit ihrem knallbunten Kleid für den einzigen Farbklecks in diesem betont unbunten Film. Auch Ernst Stötzner, pensionierter Polizist und Helens Vater, bekommt wieder seinen Auftritt. Es fällt ohnehin auf, wie wenig gefällig der Film sein will. Die entsprechende Atmosphäre passt natürlich zur Geschichte, die gegen Ende noch viel tragischere Züge annimmt, und entspricht darüber hinaus einem aktuellen Krimitrend, aber es bedarf durchaus eines gewissen Muts, diesen Ansatz so konsequent durchzuziehen. Geschonneck-Krimis sind eben doch besondere Filme.