Foto: iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Der Weg nach San José" (ZDF)
TV-Tipp des Tages: "Der Weg nach San José", 28. September, 20.15 Uhr im Zweiten
"Der Weg nach San José" kombiniert zwei beliebte Motive: hier der Vertrauensbruch und die daraus resultierende Sinnkrise, dort die Selbstfindung in Form einer Heldinnenreise.

Für einen Sonntagsfilm im ZDF ist dieser Stoff höchst ungewöhnlich. Dass eine Frau ihren Mann beim Seitensprung ertappt, passt zwar ohne weiteres ins Konzept des "Herzkinos", schließlich schließt das Etikett durchaus auch Herzschmerz mit ein. Dass es sich beim Sexpartner des Gatten um ihren besten Freund handelt, dürfte dagegen ein Novum am Sonntagabend im ZDF sein. Andererseits ist es nicht überraschend, dass "Der Weg nach San José" aus dem Rahmen fällt: Regie führt immerhin Roland Suso Richter, Produzent ist Nico Hofmann; die beiden haben hier zum achten Mal zusammengearbeitet. Auch wenn der Film nicht die politische Dimension früherer Werke wie "Dresden", "Das Wunder von Berlin", "Mogadischu" oder "Die Grenze" haben kann, so wecken diese beiden Namen selbstredend die Erwartung, dass sie das Spektrum des Sendeplatzes erweitern.

Zunächst entwickelt sich die Handlung jedoch erwartbar: Hannah (Ursula Karven) nimmt kurzerhand den nächsten Flug nach Spanien. Im Flugzeug lernt sie Santiago (Alessandro Bressanello) kennen, einen hilfsbereiten älteren Herrn, der sie auf seine Hazienda einlädt. Dort weckt ein Hengst ihre Aufmerksamkeit: Das undressierbare Tier trägt den Namen El Loco (der Verrückte) und soll getötet werden. Als der Rappe auf Hannah ganz handzahm reagiert, schlägt sie Santiago vor, das Pferd in einem 200 Kilometer entfernten Naturpark auszuwildern. Auf dem Ritt dorthin resümiert sie die Beziehung zu Sebastian (Filip Peeters).

Glaubwürdig und lebensecht

"Der Weg nach San José" kombiniert also zwei beliebte Motive: hier der Vertrauensbruch und die daraus resultierende Sinnkrise, dort die Selbstfindung in Form einer Heldinnenreise. Das visuelle Konzept, dass Richter gemeinsam mit seinem Kameramann Clemens Messow erarbeitet hat (die beiden haben zuvor gemeinsam "Die Spiegel-Affäre" gedreht), mag schlicht wirken, erfüllt aber seinen Zweck: Die Rückblenden sind in kühlem Graublau gehalten, die spanische Gegenwart ist freundlich, hell und warm. Und natürlich sieht Hannah einige Vorfälle in ihrer Zeit mit Sebastian nun in buchstäblich anderem Licht. Viele dieser Augenblicke sind bloß kurz angespielt. Eine längere Szene wirkt daher fast schon unsubtil: Hannahs bester Freund Erik (Simon Böer) vertraut ihr ein betriebliches Detail an, das Sebastian betrifft. Sie stellt ihn zur Rede, er gesteht, vor diesem Moment habe er sich gefürchtet; dabei geht es um etwas völlig Harmloses.

Die Frage, ob Hannahs Schock gewissermaßen noch potenziert wird, weil Sebastian sie mit einem Mann betrogen hat, wird nur am Rande thematisiert; natürlich fragt sie sich (und ihn), ob seine Freude am Sex mit ihr auch eine Lüge war. Hardi Sturm, Autor unter anderem der Sat.1-Filmreihe "Im Alleingang", wirft in seinem Drehbuch zu "Der Weg nach San José" dafür ganz andere grundsätzliche Fragen auf. Zu diesem Zweck konfrontiert er Hannah im Verlauf ihrer Reise mit verschiedenen Menschen, die sich nicht nur als unvoreingenommen hilfsbereit erweisen, sondern auch für Denkanstöße sorgen. Als erstes trifft sie einen attraktiven Radfahrer (Steve Windolf), der sie in der nächtlichen Steppe vor einer giftigen Schlange rettet. In einem Kloster begegnet sie einer unheilbar kranken jungen Frau (Henriette Heinze), die angesichts des nahen Todes von großer Gelassenheit erfüllt ist. Und schließlich hilft ihr der Althippie Piet (Peter Prager), als sich das Pferd verletzt. Piet erklärt ihr, man solle sich innerhalb einer Beziehung gegenseitig keine Grenzen setzen. Hannah dagegen ist überzeugt, ohne Regeln breche alles zusammen, auch wenn ihre Seelenverwandtschaft zu El Loco eigentlich etwas Anderes nahe legt; prompt bleibt es bei der nächsten Begegnung mit dem Radfahrer nicht bloß beim Flirten.

Dank Richters Führung und der Erfahrung der routinierten Schauspieler sind die Gesprächsszenen ungemein glaubwürdig; gerade das Dialogduell zwischen Hannah und Piet wirkt ungemein lebensecht. Gleiches gilt für die finale Auseinandersetzung mit Sebastian, der nach Spanien gereist ist, um die Beziehung zu retten. Sehenswert ist "Der Weg nach San José" aber auch wegen Messows Naturaufnahmen, die keineswegs plump Hannahs Gefühle illustrieren, sondern einfach nur den Hintergrund für ihre Reise bilden. Auch die oft ganz sparsam instrumentalisierte Musik (Michael Regner, Matthias Klein) passt ausgezeichnet zur Stimmung dieses Films.