TV-Tipp: "Tatort: Der Wüstensohn" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Der Wüstensohn", 14. September, 20.15 Uhr in der ARD
Wenn es um Skandale oder Affären geht, ist München eindeutig Krimistandort Nummer eins: Nirgendwo sonst stolpern Politiker so oft über ihre Machenschaften; jedenfalls im Fernsehen.

Das liegt vor allem an ZDF-Ermittlerin Eva Prohacek (Senta Berger in "Unter Verdacht"), die sich regelmäßig mutig mit Seilschaften zwischen Politik und Wirtschaft anlegt, aber auch die Kollegen vom "Tatort" haben es immer wieder mal mit den "Amigos" zu tun. Diesmal geht es um ein ganz großes Ding, das ein Staatssekretär eingefädelt hat. Darauf deutet zunächst allerdings noch gar nichts hin, denn der Tod eines Arabers wirkt wie eine typische Beziehungstat. Die Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) kommen jedoch kaum weiter, denn der potenziell Verdächtige genießt diplomatische Immunität: Prinz Nasir (Yasin el Harrouk), Wirtschaftsstudent und Besitzer des Teppichgeschäfts "Der Wüstensohn", ist ein Sprössling des Herrschers von Kumar, und weil ein bayerisches Unternehmen unterm Wüstensand eine U-Bahn bauen soll, werden die Ermittler ständig zurückgepfiffen. Batic verabschiedet sich zwar nur ungern von seiner Theorie, Nasir habe aus Eifersucht den besten Freund erschossen, weil sich der an seine Freundin rangemacht hat, aber offenbar ist im Laden des Prinzen keineswegs bloß mit Teppichen gehandelt worden.

Krimis aus München, ganz gleich in welchem Gewand, sind immer etwas Besonderes; große Regisseure wie Dominik Graf oder Alexander Adolph haben hier einige ihrer besten Filme gemacht. Nun gehört auch der kein bisschen kleinere Rainer Kaufmann in diese Reihe: Er hat für den Bayerischen Rundfunk zwar die "Kluftinger"-Krimis inszeniert, aber noch keinen Sonntagskrimi gedreht; "Der Wüstensohn" ist sein erster "Tatort" überhaupt. Und weil es Kaufmann selbst bei existenziellen Stoffen ("Marias letzte Reise") immer auch komisch zugehen lässt, gelingt ihm eine wunderbare Gratwanderung: Die Dialoge zwischen den Kommissaren sind gewohnt amüsant, aber die Geschichte ist todernst (Drehbuch: Alexander Buresch und Matthias Pacht). Manches ist etwas übertrieben, wenn beispielsweise Nasirs koksender Laufbursche (Wilson Gonzales Ochsenknecht) mit der Maschinenpistole im Garten auf Flaschen ballert, und der an den jungen Moritz Bleibtreu erinnernde Trotz des Prinzen wirkt mitunter etwas pubertär, aber wie sich Batic und Leitmayr zunehmend zornig an der Immunität des jungen Mannes die Zähne ausbeißen, hat hohen Unterhaltungswert.

Natürlich bezieht der Film seinen Reiz nicht zuletzt aus dem Konflikt zwischen Orient und Okzident. Batics Unmut äußert sich in Beleidigungen, Wachtveitl lässt sich schließlich sogar zu einer Ohrfeige hinreißen; in Zeiten penibler politischer Korrektheit ist das ziemlich gewagt. Der Prinz ist ohnehin ein arabischer Herrenmensch wie aus 1001 Nacht: Seine Angestellten behandelt er wie Leibeigene, Frauen sind für ihn Menschen zweiter Klasse; aber der sture Batic nötigt ihm derart viel Respekt ab, dass er ihn seinem Vater als neuen Polizeichef ans Herz legen möchte. Oftmals sorgt die Musik (Martin Probst) in solchen Fällen gern für eine Harmonie, zu der die Filmfiguren nicht fähig sind. Hier jedoch stehen die schönen orientalische Klänge, die die Auftritte Nasirs untermalen, und die harten elektronischen Beats, die die Polizisten begleiten, unvereinbar nebeneinander.