Seit Ende August ist Pierre Trbovic für Ärzte ohne Grenzen in Monrovia, der Hauptstadt von Liberia. Er arbeitet in dem völlig überfüllten Ebola-Behandlungszentrum. "Es ist absolut unmöglich, noch mehr Patienten aufzunehmen, ohne die Mitarbeiter und unsere Arbeit zu gefährden", erklärt er, "aber dies den Menschen zu erklären, die uns anflehen, ihre Angehörigen aufzunehmen, ist fast unmöglich. Auch wenn wir ihnen sagen, dass wir das Behandlungszentrum so schnell wie möglich vergrößern. Alles, was wir tun können, ist, den Menschen Schutzpakete mit Handschuhen, Kitteln und Masken mit nach Hause zu geben, damit das Ansteckungsrisiko geringer ist, wenn sie ihre Angehörigen betreuen."
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Seine Erzählung aus dem völlig überlastete Ebola-Zentrum (den ganzen Bericht aus Monrovia finden Sie hier) zeigt, dass noch lange nicht genug Hilfe in den Infektionsgebieten Westafrikas angekommen ist. Mittlerweile haben sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) knapp 4.800 Menschen angesteckt, mehr als 2.400 starben. Die Zahl der neuen Ebola-Fälle steige weit schneller als es möglich sei, Betten und Personal aufzustocken, erklärte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan am Freitag in Genf. Deshalb begrüße sie die Zusage Kubas, 165 Ärzte und medizinisches Fachpersonal in die betroffenen Länder zu entsenden. Es sei die bislang größte Zusage dieser Art.
Sie hoffe, das Beispiel bewege andere Länder dazu, medizinische Fachkräfte nach Westafrika zu schicken, sagte Chan. Geld und Material seien zwar wichtig, könnten die Ebola-Epidemie alleine aber nicht stoppen. Es mangele vor allem an geschultem Personal. Zugleich betonte sie, dass es an allem, auch an Schutzanzügen und Leichensäcken fehle. Kubas Gesundheitsminister Roberto Morales Ojeda kündigte an, die Spezialisten im Oktober vor allem nach Sierra Leone zu entsenden.
Hoffnung und Heilung sind die Ausnahme
Die WHO hat nach eigenen Angaben zurzeit etwa 170 ausländische Ärzte und Experten in Guinea, Liberia und Sierra Leone im Einsatz. Seit Ausbruch der Epidemie habe sie insgesamt 500 Spezialisten entsandt, die allerdings oft nur kurzzeitig blieben, sagte Chan. Außerdem sind für die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen derzeit 210 internationale und 1650 nationale Mitarbeiter in der Region tätig. "Wir arbeiten in fünf Ebola-Behandlungszentren mit insgesamt 457 Betten in Isolierstationen", teilte eine Sprecherin mit.
Derweil verzehnfacht die Bundesregierung ihre Hilfezahlungen für die Ebola-Länder. Die Mittel für die WHO für den Kampf gegen die Epidemie würden von einer Million auf zehn Millionen Euro aufgestockt, teilte die Bundesregierung in Berlin mit. Damit sollen Medikamente, logistische Aufgaben und medizinisches Personal finanziert werden.
Chan erklärte, viele Regierungen seien bereit zu helfen, wüssten aber oft nicht, was konkret in den betroffenen Ländern gebraucht werde. Die WHO werde in den kommenden Tagen entsprechende Aufstellungen zur Verfügung stellen. "In den drei am schlimmsten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone steigt die Zahl neuer Infektionen schneller als die der speziellen Behandlungszentren", warnte sie.
Liberia sorgt sich um die Existenz des Staates
Besonders dramatisch ist die Lage nach wie vor in Liberia. Chan zufolge gibt es für die dort Erkrankten derzeit keine freien Betten in Hospitälern oder anderen Gesundheitseinrichtungen. Liberias Verteidigungsminister Brownie Samukai hatte am Mittwoch dem UN-Sicherheitsrat in New York erklärt, die Ebola-Epidemie bedrohe die Existenz seines Staates. Neben Liberia sind auch Guinea, Sierra Leone, Nigeria und der Senegal von dem Ausbruch betroffen. Ein Ebola-Ausbruch im Kongo geht auf einen anderen Virenstamm zurück.
Hoffnung haben die Menschen vor Ort nur im Kleinen. Pierre Trbovic von Ärzte ohne Grenzen erzählt: "Wenn Ebola-Patienten wieder gesund werden, wird eine kleine Feier für sie organisiert. Ich sah, wie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zusammenkamen, um diesen außergewöhnlichen Moment zu feiern, und ich hörte die Worte der entlassenen Patienten, die uns dankten. Sie sind der Grund, warum wir hier sind. All meine Kollegen hatten Tränen in den Augen. Manchmal gibt es auch einen guten Grund, um zu weinen."