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Foodsharing: Teilen statt Wegwerfen
Das Prinzip ist einfach. Geben, nehmen, teilen. Beim Foodsharing verteilen Menschen an öffentlichen Plätzen gute Lebensmittel, bevor diese im Müll landen. Jeder kann mitmachen.
07.09.2014
epd
Jana Hofmann

Der weiße Kühlschrank ist gut gefüllt: selbst gemachtes Pflaumenmus, sechs Packungen Diät-Mozzarella, türkisches Ayran, drei "Löffeleier" von Milka. Darüber liegen drei Stapel Knorr-Fix-Tüten "Ofen Schnitzel Caprese". All das kann sich jeder mitnehmen, der an dem Einkaufsladen in der Dortmunder Innenstadt vorbeikommt - vollkommen kostenlos.

"Wenn ich merke, dass Lebensmittel ablaufen oder ich sie nicht mehr esse, bringe ich sie schnell zu unserem Verteiler. So habe ich schon ewig nichts mehr weggeschmissen", erzählt Elisabeth Mühlbauer. Die 28-jährige Studentin teilt auf diese Weise seit einem halben Jahr Lebensmittel, die sie nicht mehr isst, mit anderen.

"Ich gebe nur weiter, was ich selbst noch verzehren würde"

Wer kurz vor dem Urlaub noch einen vollen Kühlschrank hat, schon seit Monaten die Konserven im Regal verstauben lässt oder zu viel Obst und Gemüse eingekauft hat, kann sie an andere Menschen weitergeben statt sie wegzuwerfen. In Dortmund gibt es zwei Verteiler - oder "Fairteiler", wie ihn die "Foodsharer" auch nennen: den Kühlschrank in der Innenstadt und ein Regal an der Technischen Universität.

Nicht mehr ganz frische Lebensmittel, die aber noch essbar sind, und der Satz "Esst die ganze Ernte" auf einem Schild liegen auf einem Tisch.

"Die einzige Regel ist, dass ich nur weitergebe, was ich selbst noch verzehren würde. Man sollte nicht seinen Müll dorthin bringen", sagt Mühlbauer. Die Dortmunder Gemeinschaft bezeichnet die Studentin als "ganz bunten Haufen". Zu ihr gehören Studenten, Hausfrauen, Senioren.

Jeder Bürger kann sich an den Lebensmitteln in den öffentlich zugänglichen Verteilern bedienen - ohne etwas dafür bezahlen zu müssen. Jeder darf Essen mitnehmen, niemand muss spenden. Trotzdem seien sowohl der Kühlschrank in der Dortmunder Innenstadt als auch das Regal an der Uni immer gut gefüllt. Manchmal zu gut - in seltenen Fällen wird auch mal etwas schlecht, weil niemand das Essen mitnehmen möchte.

Via Foodsharing schnell und unkompliziert Reste anbieten

Jedes achte Lebensmittel, das die Verbraucher in Deutschland kaufen, landet im Müll. Das haben Wissenschaftler der Uni Stuttgart herausgefunden. Auf das Jahr gerechnet sind das 82 Kilo Lebensmittel pro Person oder zwei volle Einkaufswagen.

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Immer mehr Menschen ist bewusst, dass sie zu viel wegwerfen - und sie wollen das ändern. Dazu gründen sie auch lokale Foodsharing-Gruppen auf Facebook. Diese haben oft über 2.000 Mitglieder, wie etwa in Frankfurt am Main, München oder Münster. Dort bieten Nutzer schnell und unkompliziert ihre Reste an, viele posten auch ein Foto vom selbstgeernteten Salat oder der ungeöffneten Gouda-Packung. Allerdings räumt Jörn Hartwig ein: "Auf Facebook gibt es keine Kontrolle. Es geht ja auch um Essen, da kann man empfindlich sein."

Deshalb betreut er als "Foodsharing-Botschafter" den Dortmunder Teil der Internet-Seite www.foodsharing.de. Sie ist neben Facebook eine weitere Plattform, um sich zum Tauschen von Lebensmitteln zu verabreden. Deutschlandweit sind dort über 4.600 Menschen registriert. Jeder Nutzer muss eine echte Adresse und E-Mail-Adresse angeben. Erst dann schaltet ihn der lokale Botschafter frei. "Ein Mensch überprüft also die Daten. So erreichen wir eine gewisse Vertrauensbasis", sagt Hartwig.

Kostenloses Teilen von Lebensmitteln als politisches Statement

Viele Menschen teilten aber auch im privaten Kreis, ganz ohne das Foodsharing-Netzwerk, erzählt der 42-Jährige. "Die Idee ist immer die gleiche: sich selbst ernähren und Essen vor dem Müll retten."

Studentin Mühlbauer sieht im kostenlosen Teilen von Lebensmitteln ein politisches Statement. "Ich gucke, dass ich so wenig verbrauche wie möglich", sagt sie. Das Tolle daran sei, dass sie dabei noch andere Menschen unterstütze, wenn sie etwas anbietet.

Hartwig geht noch einen Schritt weiter: Für ihn ist Foodsharing ein Ausdruck von Kapitalismuskritik, denn die Teilnehmer kauften dadurch weniger ein. "Ich kaufe höchstens noch 30 Prozent meiner Lebensmittel", sagt er. Die politischen Aktivisten würden gerne auch mit Supermärkten kooperieren, damit sie deren Lebensmittel weiterverteilen können, bevor diese im Müll landen. Bislang sei die Reaktion aber eher verhalten: Lediglich eine Bio-Supermarkt-Kette habe Unterstützung signalisiert.