iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Das Ende einer Nacht" (ZDF)
TV-Tipp des Tages: "Das Ende einer Nacht", 18. August, 20.15 Uhr im Zweiten
Barbara Auer als Richterin am Düsseldorfer Landgericht und Ina Weisse als Strafverteidigerin eines vermögenden Unternehmers, der allem Anschein nach seine Frau misshandelt und vergewaltigt hat, liefern sich ein darstellerisches Kräftemessen, das seinesgleichen sucht.

Wer über die Qualität des deutschen Fernsehens lamentiert, der hat die Breite des Programms vor Augen. Die Spitze aber ist von einer mitunter atemberaubenden Qualität. Matti Geschonneck und Autor Magnus Vattrodt, vor wenigen Tagen für ihr Beziehungsdrama "Liebesjahre" mit einem Grimme-Preis geehrt, ist mit "Das Ende einer Nacht" erneut ein großartiger Film gelungen. Der Justizthriller unterstreicht zudem Geschonnecks herausragenden Ruf als Regisseur, der seinen Schauspielern die Möglichkeit gibt, zur Hochform aufzulaufen: Barbara Auer als Richterin am Düsseldorfer Landgericht und Ina Weisse als Strafverteidigerin eines vermögenden Unternehmers, der allem Anschein nach seine Frau misshandelt und vergewaltigt hat, liefern sich ein darstellerisches Kräftemessen, das seinesgleichen sucht. Beide profitieren dabei von Figuren, die vermutlich den Traum jeder Schauspielerin darstellen: Die beiden erfolgreichen Frauen sind ausgesprochen attraktive und ungemein scharfsinnige Juristinnen, die ihre Dialogduelle inner- und außerhalb des Gerichtssaals mal mit dem Florett, mal mit dem Säbel führen; und die trotz aller Verschiedenheit zunehmend Respekt füreinander empfinden.

Abstoßende Selbstgerechtigkeit

Der offenkundige Kontrast zwischen den Gegenspielerinnen bildet das moralische Rückgrat des Films: Während Richterin Weiss die Wahrheit suchen muss, um ein Urteil fällen zu können, will die Anwältin die Wahrheit gar nicht wissen. Geschickt und angenehm beiläufig ergänzt das Drehbuch die Biografien der Frauen um Begebenheiten, die ihre jeweilige Fallhöhe noch vergrößern. Im Fall der sich gern unfehlbar gebenden Richterin sind dies zum Beispiel die Auseinandersetzungen mit ihrem Mann (Matthias Brandt), den ihre Selbstgerechtigkeit irgendwann abstößt.

Schon allein diese Erzählebene fesselt enorm. Aber es gibt noch eine zweite, und die rückt den Film immer wieder in die Nähe des Justizthrillers. Mit ungeheurem dramaturgischen Geschick sorgt Vattrodt mehrfach für überraschende Wendungen, die dem scheinbar doch so klaren Fall eine völlig neue Richtung geben: Zunächst gelingt es der Verteidigerin, die Glaubwürdigkeit der Ehefrau (Katharina Lorenz) nachhaltig zu erschüttern und ausgerechnet den Gatten (Jörg Hartmann) zum Opfer zu stilisieren. Aber dann muss sie erkennen, dass ihr berechnender Chef (Christoph M. Ohrt) sie ins offene Messer hat laufen lassen.

Am Ende finden sich Richterin und Anwältin auf der gleichen Seite wieder; allerdings gleichermaßen machtlos. Ein bis in kleine Nebenrollen formidabel besetztes, jederzeit fesselndes "Courtroom"-Drama mit zwei Hauptdarstellerinnen, die ein sichtliches Vergnügen daran haben, sich gegenseitig zu Höchstleistungen anzuspornen. Der Film wurde 2012 mit dem Grimme Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet.