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TV-Tipp des Tages: "Polizeiruf 110: ... und raus bist du!" (WDR)
TV-Tipp des Tages: "Polizeiruf 110: ... und raus bist du!", 14. August, 20.15 Uhr im WDR
Eine Frau hat innerhalb weniger Jahre alles verloren: ihren Beruf, ihr Haus und nun auch noch ihre Tochter. Und im Hintergrund geht es um die illegale Deponierung von Sondermüll auf einer dafür nicht vorgesehenen Müllkippe.

Eine Komödie ist in der Regel eine Geschichte, in der den Figuren dauernd lustige Missgeschicke passieren, während sie unverdrossen Pointen von sich geben. So gesehen ist dieser "Polizeiruf" aus Rostock alles andere als komisch. Der Film spielt ganz unten, wo sich die Menschen an die Hoffnung klammern, weil es das letzte ist, was sie haben. Zentrale Figur neben dem Ermittler-Team ist eine Frau, die innerhalb weniger Jahre alles verloren hat: ihren Beruf, ihr Haus und nun auch noch ihre Tochter. Und im Hintergrund geht es um die illegale Deponierung von Sondermüll auf einer dafür nicht vorgesehenen Müllkippe.

Verkrachte Existenzen

Trotzdem ist das ausgezeichnete Drehbuch von Wolfgang Stauch auf verblüffende und regelmäßig unerwartete Weise humorvoll, was den Krimi mindestens zur Tragikomödie macht. Der Witz entsteht dabei gerade deshalb, weil die hervorragenden Schauspieler (unter anderem Christine Schorn und Jan Peter Heyne) die verkrachten Existenzen mit viel Würde und vor allem großen Ernst verkörpern. Es wird kein Zufall sein, dass die Darsteller ausnahmslos viel Theatererfahrung haben. Eine unbedingt preiswürdige Miniatur liefert Jan Georg Schütte als Schrotthändler mit geradezu unerschütterlichem Selbstvertrauen, der sein Reich wie ein kleiner Kaiser regiert. Stauchs großartige Einfälle, seine trockenen Dialoge, dazu Schüttes passender Dialekt: Schon allein wegen dieser Szenen ist der "Polizeiruf" sehenswert.

Das Mit- und Gegeneinander der beiden Hauptfiguren ist allerdings nicht minder unterhaltsam. Bukow und Kontrahentin König (Charly Hübner, Anneke Kim Sarnau) haben ihre Beziehung nach Bukows Geständnis unter vier Augen auf eine andere Ebene verlagert, sie sind einander näher gekommen, trauen sich aber immer noch nicht richtig über den Weg. Auch diese Zwiegespräche sind wunderbar gespielt und inszeniert (Regie: Christian von Castelburg). Ins Rollen kommt die Handlung durch den Verlust eines Notizbuchs, in dem der Betreiber der Deponie seine krummen Geschäfte notiert hat. Weil der Finder ein Müllsammler ist, der den Ganoven erpressen will, bietet sich auf diese Weise die Gelegenheit, das Milieu vorzustellen: Menschen, die unverdrossen daran glauben, im Abfall anderer Leute einen versehentlich weggeworfenen Lottoschein mit sechs Richtigen zu finden. Eher Außenseiterin ist dabei die einstige Architektin Nathalie (Ursina Lardi), eine frühere Mitschülerin Bukows, aber sie führt die Ermittler in diese Parallelwelt, in der ganz eigene Gesetze herrschen. Bei der Ausstattung der entsprechenden Wohnungen und Häuser hat Szenenbildner Florian Langmaack imposante Arbeit geleistet.

Dieser "Polizeiruf" unterscheidet sich ohnehin in vielerlei Hinsicht vom üblichen Sonntagskrimi. Eher unkonventionell war zum Beispiel Castelbergs Einfall, eine Attentatsszene ausgerechnet an einem der belebtesten Plätze in Rostock rund um den Brunnen der Lebensfreude (im Volksmund "Pornobrunnen") zu improvisieren und die Darsteller unters ahnungslose Volk zu schicken. Angemessen dynamisch, aber nie hektisch ist auch die Bildgestaltung durch Martin Farkas. Aber am besten sind trotzdem die Momente mit Schütte und seinem schrägem Sammelsurium, das neben einem Walkman von Michael Jackson auch jenen Revolver enthält, mit dem sich Adolf Hitler erschossen hat.