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Reise ohne Wiederkehr: Kindesentführung in der Urlaubszeit
Auf dem Rücken des Kindes: Mehrere Hundert Fälle familiärer Kindesentführung ins Ausland gibt es pro Jahr, besonders in der Urlaubszeit. Dahinter verbergen sich oft langwierige und belastende Verfahren für die Familien. Einfache Lösungen gibt es nur selten.
17.08.2014
epd
Paul Crone

Es ist ein erschreckender Fall: Ein Vater holt seinen Sohn aus dem Kindergarten ab und entführt ihn nach Portugal - vier Jahre dauert die Flucht, bevor das Kind wieder zurück nach Deutschland kommt. Ende Juli wurde der Vater vom Amtsgericht Frankfurt zu zwei Jahren auf Bewährung sowie gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Er rechtfertigte sich damit, seinen Sohn zu selten gesehen zu haben.

Geht es um den Straftatbestand der "Entziehung Minderjähriger", bedeutet dies eine hohe Belastung für alle Beteiligten. Meist ist die Kindesentführung ins Ausland die Folge jahrelanger Streitigkeiten um das Sorge- und Umgangsrecht. Eine Kindesentführung liegt laut § 235 des Strafgesetzbuches vor, wenn ein Kind ohne die Zustimmung eines Elternteils, das (auch) das Sorgerecht für dieses Kind hat, aus einem Land in ein anderes gebracht wird.

Erschwerte Rückführung

Solche Kindesentziehungen häufen sich besonders in der Urlaubszeit. Die Polizeiliche Kriminalstatistik zählt 1.684 Fälle im Jahr 2013 - die Zahl blieb dabei im Vergleich zu den Vorjahren auf konstant hohem Niveau und betrifft das In- und Ausland. Das Bundesamt für Justiz, Ansprechpartner für internationale Sorgerechtskonflikte, hat in seinem Jahresbericht mit 864 neu eingegangenen Fällen einen Anstieg registriert, davon explizit 356, die eine Rückführung betrafen.

Verträge, wie das "Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung" von 1980 regeln eigentlich eine zügige Rückführung in das Land, in dem das Kind vor der Entführung gelebt hat. Wird aber das Kind wie im Fall des entführten Vierjährigen vom Entführer versteckt, gibt es auch in den Mitgliedsstaaten wenig rechtliche Handhabe. Noch schwieriger wird es, wenn die Mädchen oder Jungen in einen Staat kommen, der das Abkommen nicht unterzeichnet hat, so wie viele Länder in Afrika und Asien.

Der Internationalen Sozialdienst (ISD) im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge befasst sich ebenfalls mit den Entführungen: 380 telefonische Anfragen hat der ISD im vergangenen Jahr bearbeitet, zu befürchteten oder bereits vollzogenen Entführungen. "Wenn sich Eltern bei uns mit der Sorge melden, dass ihr Kind nicht aus dem Urlaub mit dem anderen Elternteil zurückkommen könnte, gibt es Möglichkeiten der Absicherung", erklärt Gabriele Scholz, die Leiterin des ISD. Möglich sind dabei zum Beispiel Grenzsperren, aber auch das Hinterlegen des Passes der Kinder eines Elternteils.

Scheitern der Ehe im Sinne des Kindes regeln

Hat ein Elternteil das Kind bereits entführt, geht es laut Scholz oft um Grundsätzliches, besonders in Staaten, in denen es die erleichterte Vorgehensweise durch internationale Abkommen nicht gibt: "Dann geht es häufig darum, überhaupt einen Kontakt zum Kind herzustellen", erklärt Scholz weiter.

Doch selbst wenn eine Entführung glimpflich ausgeht und das Kind zurück nach Deutschland kommen kann, bestehen weiter Schwierigkeiten: "Wenn eine Rückführung ideal läuft, heißt das nicht, dass der familiäre Konflikt damit gelöst ist", mahnt Scholz. "Wir helfen gerne, aber den Weg zu einer Einigung müssen die Eltern selber gehen".

Dieser geht meist nicht ohne Streitigkeiten und Verfahren über eine Veränderung des Sorge- und Umgangsrechtes vonstatten. Gabriele Scholz ärgert, dass es sich oft um Fälle handelt, in denen die Eltern einfach nicht in der Lage sind, das Scheitern ihrer Ehe im Sinne des eigenen Kindes zu regeln - die Entführung ist dann oft das letzte Mittel: "Mir gucken die Leute letztlich einfach viel zu wenig auf die Kinder und was so ein Streit für eine Belastung für die Kinder sein kann".

Der Fall des enführten Kindes wurde am Amtsgericht Frankfurt unter dem Aktenzeichen AK 917DS-3660JS209980/10 verhandelt.