"In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben (...), wenn sie etwas Tödliches trinken, wird es ihnen nichts schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen und sie werden sich wohl befinden." (Markus 16, 17-18) So beschreibt Jesus im "unechten Markusschluss" die Zeichen derer, welche glauben. Für Erwin Fillafer sind es Worte, die Christen damit beauftragen, andere zu heilen. Selbst will der pensionierte Bäckermeister durch das Gebet mit Gottes Kraft Menschen von Krankheiten und Lastern befreien. Als Missionar und Prediger reist er durch die Welt und betet auch in seiner Heimatgemeinde regelmäßig für Kranke und Leidende. "Ich bin nicht wundersüchtig, die Liebe Jesu hat mich ergriffen", erklärt er sein Wirken. 2.500 Menschen habe er so geholfen.
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Auf seiner Homepage finden sich Berichte von Menschen, die von ihrem Erfahrungen berichten. Auch in der evangelischen Talkshow Tacheles zum Thema "Gottes Werk oder fauler Zauber: Sind Wunderheilungen möglich?" erzählt er von Wunderheilungen, die er mit seinen Gebeten bewirkt haben will. Taubstumme, die hören, Blinde, die sehen, Lahme die gehen – seine Aufzählung klingt wie die Liste der Heilungen Jesu. Auch den Kampf gegen Krebs eines jungen Mädchens will er erfolgreich geführt haben – allerdings neben schulmedizinischen Maßnahmen wie Operationen und eine Chemotherapie.
Die Beweise fehlen
Deutliche Worte fand darauf der Wissenschaftsjournalist Sebstian Hermann: "Das Mädchen wurde behandelt und bekam eine Chemo. Sie reklamieren den Heilungserfolg für sich. Das erscheint mir anmaßend." Kritisch sah er auch die Behauptung, Gott spräche durch Fillafer. "Damit erheben sie sich über andere", kritisierte Herrmann. Auch die Theologin Nora Steen sah eine "Spur Vermessenheit" darin, wenn jemand glaubt, auf Knopfdruck Wunder vollbringen zu können.
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Allerdings spreche sie niemandem die Erfahrung ab, durch höheres Wirken geheilt worden zu sein. "Wer bin ich darüber zu urteilen, wie und wo Gott wirkt", sagte sie. In Indien habe sie selbst erlebt, wie ein blindes Mädchen, das sie längere Zeit begleitete, plötzlich wieder sehen konnte.
"Bei vielen vermeintlichen Wunderheilungen ist das große Dilemma, dass sie nicht richtig dokumentiert sind", sagte der Arzt und Schriftsteller Dr. Eckart von Hirschhausen. Im Nachhinein sei es schwierig, die Gründe für die Heilung nachzuvollziehen. "Wer heilt hat nicht Recht, sondern die Pflicht", ergänzte er. "Er muss überprüfen, warum es zur Heilung kam." Genau das sei bei vielen angeblichen Wundern nicht möglich. Solche Zweifel sind für Steen unverständlich: "Wir haben den Drang, alles rational erklären zu wollen. Es scheint nur richtig, was wir beweisen können. Warum soll es Wunderheilungen nicht geben können? Es gibt sie nur eben nicht auf Rezept."
Bedeutung der Beweisbarkeit
Gegen diese Abwertung der Beweisbarkeit argumentierte Herrmann. Das andere Extrem sei eine völlige Beliebigkeit, in der jeder behaupten könne, auf irgendeine Art und Weise heilen zu können. In der Medizin seien Qualitätsstandards jedoch wichtig. Alternative Heilmethoden seien zudem nicht immer harmlos nach dem Motto "wenn sie helfen ist es gut, wenn nicht, ist nichts verloren." Er erzählte von einer an unheilbarem Krebs erkrankte Freundin, die in ihrer Not zu einer Heilerin gegangen sei. Angeblich hatte diese noch nie einen Krebspatienten verloren. Als die Heilerin nichts bewirken konnte, warf sie der Frau vor, sich gesperrt zu haben und den Weg nicht mit ihr gegangen sei. Bei der Freundin seien Schuldgefühle zurückgeblieben und der Gedanke, versagt und nicht ausreichend geglaubt zu haben. Gefährlich sei es auch, wenn Heiler oder Alternativmediziner von der evidenzbasierten Medizin abrieten. Das nehme Patienten wichtige Heilungschancen, warnten von Hirschhausen und Herrmann.
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Allerdings ergänzte von Hirschhausen, dass in einigen Fällen ein Miteinander durchaus sinnvoll sein könne. "Solange man Medizin nach aktuellem Wissensstand anwendet ist alles, was darüber hinaus angeboten wird, willkommen", sagte der Arzt. Für die scheinbaren Wunderheilungen fand er eine Erklärung: Viele psychogene Störungen gehen mit körperlichen Symptomen einher. Menschen könnten sich gelähmt fühlen ohne, dass es neurologische Ursachen dafür gebe. Wenn ihnen durch Zuspruch oder ein Gebet geholfen werde, sehe das aus wie ein Wunder, sei aber medizinisch zu erklären. Hier appellierte er an die Schulmedizin, ihr Repertoire zu erweitern.
Doch angebliche Heilungswunder, wie Fillafer und andere sie für sich in Anspruch nehmen, müssen kritisch gesehen werden – das wurde in der Sendung deutlich. Sie sind gefährlich, weil sie mit der Hoffnung von Menschen spielen, die sich oftmals in verzweifelten Situationen befinden und nach jedem Ast suchen, der sie halten könnte.