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Ilan bereitet sich auf seine Bar Mizwar vor.
"Schluss mit lustig": Dreimal Erwachsenwerden
Der ARD-Film "Schluss mit lustig – drei Kinder werden erwachsen" begleitet drei Jugendliche durch Konfirmation, Bar Mizwa und die säkulare Jugendweihe. Ganz dicht an den Protagonisten wird ihr Übergang zum Erwachsensein gezeigt. Ein Mitglied des Filmteams erzählt, wie die Geschichten zustande kamen.

Erinnern Sie sich noch an Ihre Konfirmation? Ich erinnere mich an meine ziemlich genau. Als der Spätentwickler, der ich war, sah ich zwischen  meinen Mitkonfirmanden wie ein verirrter Zehnjähriger aus. Da ich nicht richtig wachsen, aber sehr wohl richtig essen wollte, hatte ich zudem etwas zugelegt. Passenderweise hatten meine Eltern für meinen Festtag ein dünnes, weißes Hemd gekauft, durch das meine Haut auffällig hindurch schimmerte. Ich sah aus wie ein rosa Schweinchen. Und das unvermeidliche Konfirmationsfoto hat das für die Ewigkeit festgehalten. Alles in allem war ich froh, dass bei meiner Konfirmation nicht auch noch gefilmt wurde.

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Bei Sophia, Lisy und Ilan war das ganz anders. Die drei hatten sich bereit erklärt, dass wir sie an ihrem großen Tag, und in der unmittelbaren Zeit davor und danach, mit der Kamera begleiten dürfen. Sophia bei ihrer Konfirmation, Ilan bei seiner Bar Mizwa und Lisy bei ihrer Jugendweihe. Allerdings sahen sie alle im Gegensatz zu mir an ihrem Festtag auch richtig gut und kameratauglich aus. Vielleicht ein Generationsunterschied.

Das Ergebnis unserer Arbeit läuft unter dem Titel "Schluss mit lustig – drei Kinder werden erwachsen" am Sonntag um 17:30 in der ARD. Der Film ist ein Gemeinschaftswerk von Marco Giacopuzzi, Isabel Reifenrath und mir.

Angefangen hatte alles mit der mit der "Ziegenhainer Zuchtordnung". Was klingt wie die Statuten eines Dackelzüchtervereins ist laut Bischof Martin Hein "das segensreichste Geschenk der hessischen Kirchengeschichte". Da ist auch ein bisschen Heimatstolz dabei. Schließlich liegt das namensgebende Ziegenhain in Bischof Heins Landeskirche. Unrecht hat der Bischof trotzdem nicht. Denn die Ziegenhainer Zuchtordnung ist ein im Jahr 1539 verfasstes Reformpapier, dessen wichtigste Konsequenz die Einführung der Konfirmation war. Die evangelische Kirche hatte damit ihr Initiationsritual. Wer es hinter sich gebracht hat, ist vollständiges Mitglied der Gemeinde, und in diesem Sinne erwachsen.

Aber was heißt schon erwachsen? Autofahren darf man mit vierzehn nicht, Alkohol trinken und Rauchen auch nicht. Die Schule geht auch erst mal weiter. Trotzdem ändert sich in diesem Alter fast täglich etwas. Man hat neue Interessen und neue Probleme, denkt neue Gedanken. Von den Veränderungen des Körpers ganz zu schweigen.

Konfirmation, Bar Mizwa, Jugendweihe

Das 475. Jubiläum der Ziegenhainer Zuchtordnung, und damit der Konfirmation, nahm die Redaktion des Hessischen Rundfunks zum Anlass, genau darüber einen Film zu machen. Aber wir interessierten uns nicht nur für die Konfirmation, sondern eben auch für andere Initiationsriten, mit denen junge Menschen symbolisch in den Erwachsenenwelt eingeführt werden: die Bar Mizwa und die Jugendweihe. Vor allem wollten wir aber mit dem Film der Frage nachgehen: Was bedeutet für die drei Jugendlichen jetzt gerade, zu diesem besonderen Zeitpunkt in ihrer Biographie, Erwachsenwerden?

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Plötzlich hatte die ARD Interesse an dem Projekt und wir damit eine knappe Deadline. Für uns hieß das: Jugendliche finden, die auch mitmachen wollen.

Die Konfirmandin Sophia zu finden war nicht ganz so schwer. Immerhin gehen in Deutschland rund 250.000 Jugendliche jährlich zur Konfirmation.

Bei der Bar Mizwa war die Sache schon schon komplizierter. Mit ihrem dreizehnten Geburtstag werden jüdische Jungen Bar Mizwa. Sie müssen an an diesem Tag zum ersten Mal zusammen mit dem Rabbi einen Gottesdienst gestalten und einige Verse aus der Tora lesen. Anschließend wird groß gefeiert. In Deutschland gibt es etwa 110 jüdische Gemeinden und diese haben teilweise nur vierzig oder noch weniger Mitglieder. Und sie sind häufig sehr vorsichtig. Auch deswegen ist es ein Glücksfall, das wir Ilan fanden.

Die nicht-religiöse Jugendweihe war in der DDR für alle Jugendlichen Pflicht. Sie sollten damit auf Parteilinie gebracht werden. Befreit vom alten Ost-Balast wird die Jugendweihe heute aber auch im Westen immer populärer. Für viele ist sie eine willkommene säkulare Alternative zu den religiösen Ritualen. So auch für Lisy. Denn dass ein Gott existiert, kann sie sich  beim besten Willen nicht vorstellen: "Ich glaube nicht daran, dass irgendjemand die Erde erschaffen hat oder den Himmel oder die Sterne oder so." Dennoch war ihren Eltern ein Ritual wichtig: "Wir wollten nicht, dass du unbemerkt erwachsen wirst", sagt Lisys Mutter, die ihre Jugendweihe selbst noch in der DDR erlebt hat.

Gott als Person? Gott als Energie?

Sophia war nicht einmal getauft, wollte sich aber trotzdem konfirmieren lassen – die Taufe wurde schnell nachgeholt. Ihr ging es vor allem darum, neue Leute kennenzulernen und zu einer Gemeinde zu gehören. Aber ob sie an Gott glauben soll, weiß sie nicht so recht. Das Leid auf der Welt ließ sie skeptisch werden. "Würde es jemanden geben, der alles lenkt, dann hätte ich eher das Gefühl, das Ganze sei daneben gegangen", sagt sie.

Ilan glaubt an Gott. Aber wer oder was Gott ist, da hat er sich noch nicht entschieden: "Eine Person oder vielleicht eine Energiequelle. Eine Person fände ich besser, weil man eine Energie ja nicht kontrollieren kann."

Nachdem Ilans Oma im letzten Jahr starb, hat er viel über den Tod nachgedacht. Natürlich nicht geplant. Das kam einfach so beim Einschlafen oder wenn er alleine war. Aber einfache Antworten erwartet er hier auch nicht: " Es macht keinen Sinn mit dem Rabbi oder irgendwem darüber zu sprechen, weil keiner eine Antwort hat. Das Beste, was passieren kann ist, dass man ein Streitgespräch hat. Aber keiner weiß die Antwort."

Klar, Gedanken über den Tod, Gott und Religion gehören zum Erwachsenwerden, aber auch eine erste Ahnung von Liebe. Auch darüber sprechen Lisy, Sophia und Ilan im Film. Während Sophia schon von ihrem ersten Kuss erzählen kann, findet Lisy alle Jungs doof – bis auf einen. Ilan dagegen weiß, dass seine Löckchen bei den Mädchen gut ankommen.

Die Jugendlichen haben uns in ihr Leben blicken lassen. Wenn junge Menschen uns so nahe an sich heran lassen, dann bedeutet das für uns als Filmemacher, dass wir auch Verantwortung für sie  übernehmen müssen. Wichtig war für uns, dass die drei sich selbst noch mögen, wenn sie den Film später wieder sehen. Aber was sie dann wohl denken? In ein oder zwei Jahren werden sie sich wahrscheinlich ziemlich kindisch finden. Mit etwas mehr Abstand aber, da bin ich mir ziemlich sicher, werden sie aber auch überrascht sein, wie spannend sie damals schon waren. Und sie werden froh sein, dass sie nicht wie rosa Schweinchen aussahen.