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Wer steckt hinter den Twitter-Accounts mit dem Namen "Jürgen Moltmann"? Der Theologe selbst ist es jedenfalls nicht.
Jürgen Moltmann twittert - oder auch nicht?
Der Schöpfer der "Theologie der Hoffnung", Jürgen Moltmann, ist auch auf Twitter vertreten - mit zwei Accounts und einer täglichen Botschaft. Allerdings ohne davon zu wissen.

Jürgen Moltmann gilt als einer der weltweit prägendsten evangelischen Theologen des 20. Jahrhunderts. Mit seiner "Theologie der Hoffnung" wollte er vor allem die befreiende Wirkung der christlichen Botschaft deutlich machen. Denkanstöße Moltmanns werden seit zwei Jahren auch im Internet über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreitet, und zwar täglich. Es gibt einen deutschen und einen englischsprachigen Account Moltmanns - jeweils mit einem Porträtfoto des 88-Jährigen. Aber twittert da Moltmann selbst? "Nein, das ist nicht der Fall", stellt der in Tübingen lebende Theologieprofessor auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) klar.

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Er habe auch "keine Ahnung", wie es zu seiner Twitter-Präsenz kam. "Ich habe keinen Zugang zum Internet, ich bin noch Alteuropäer", betont Moltmann und fügt hinzu: "Ich komme noch mit Bleistift und Schreibmaschine aus." Moltmann lehrte von 1967 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 Systematische Theologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Immer noch ist er ein gefragter Mann mit dichtem Terminkalender. "Ich habe keine Zeit, da herumzutwittern - das ist mir zu zeitaufwendig", sagt er.

Auf Twitter wirkt das ganz anders: Dort heißt es unter dem Benutzernamen @JuergenMoltmann und der Ortsmarke Tübingen: "Dies ist ein Account mit Zitaten des Theologen der Hoffnung. Bei Twitter seit Juni 2012." Insgesamt 820 Tweets sind schon verfasst worden, also kurze Nachrichten mit maximal 140 Zeichen. Mitte Juli gab es 490 Anhänger ("Follower"), die die Kurztexte lesen.

In diesen täglichen Tweets gehen die Denkanstöße, die letztlich Moltmanns Werken und Interviews entnommen sind, bunt durcheinander: Am 6. Juli heißt es etwa: "Wer betet, lebt aufmerksamer." Am 17. Juni steht da nur ein kurzer Satz: "Die Kirche ist immer politisch." Am 11. Mai lautet die Moltmann-Kurznachricht: "Religiöse Menschen neigen heutzutage dazu, sich in eine Nische zurückzuziehen, dort ihren Dialog miteinander zu führen." Im Doppel-Tweet vom 20. Mai geht es ums Sterben: "Vielleicht sind die Verstorbenen ja sehr gegenwärtig. Wir wissen nicht, dass nach dem Tod nichts kommt. Also sollten wir auf jeden Fall ...neugierig sein." Wer die Tweets genauer verfolgt, merkt, dass sie sich etwa im monatlichen Rhythmus wiederholen.

Auch der englischsprachige Account @moltmannjuergen ist aufschlussreich. Denn dort gibt es mehr als 4.560 Follower. Der Twitter-Moltmann folgt 13 anderen Nutzern, darunter auch Gott höchstpersönlich. Tatsächlich gibt es auf Twitter mehrere Benutzerkonten von "God", wie zum Beispiel @TheTweetOfGod. Dieser göttliche Account hat inzwischen mehr als 1,42 Millionen "Follower". Insgesamt wurden dort schon mehr als 9.700 Tweets unters Online-Volk gebracht, darunter Botschaften wie: "Sometimes I wonder if there is a God. Then I remember that I'm God, and it freaks me out." (Manchmal frage ich mich, ob es einen Gott gibt. Dann erinnere ich mich daran, dass ich Gott bin, und das regt mich auf). Oder: "I don't believe in atheists." (Ich glaube nicht an Atheisten).

Wer steckt hinter dem Moltmann-"Gezwitscher"?

Wer in Wahrheit hinter dem Moltmann-"Gezwitscher" steckt, gibt die Twitter-Seite nicht preis. Die Problematik: Bei dem Online-Netzwerk kann sich im Prinzip jeder unter einem beliebigen Namen anmelden, sich dann einen - noch nicht vergebenen - Benutzernamen sichern, ein Profil-Foto dazustellen und seine Kurznachrichten absetzen. Sogar der 1994 verstorbene DDR-Staatsratsvorsitzende twittert gleich mehrfach - unter anderem als @Erich_Honecker.

An der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen ist man über die Twitter-Präsenz des Emeritus nicht informiert und zugleich erstaunt. Jürgen Kampmann, Dekan der Fakultät, weiß jedenfalls nicht, wer dahinterstecken könnte. Kampmann, der Moltmann zuletzt am ersten Juli-Wochenende bei einer Tagung persönlich traf, sieht die Sache aus urheberrechtlicher Sicht kritisch: "Kann man in dieser konzentrierten Form einfach das Gedankengut eines lebenden Autors publizieren, ohne mit ihm Rücksprache zu halten?", fragt Kampmann. Moltmann jedenfalls sagt: "Ich wüsste selbst ganz gern, wer das macht."